Ausgabe: spw 232
50 Jahre Juso-Linkswende - Geschichte und Zukunftsperspektiven
Einleitung zum Heftschwerpunkt
Das Jahr 1969 ist mit Ereignissen und politischen Kämpfen verbunden, die in medialen Geschichtsbildern, gesellschaftspolitischen Kontroversen und Alltagsdebatten bis heute eine prominente Rolle spielen: So etwa die häufig als Projektionsfläche bemühten 68er und Forderungen nach einem Bruch mit der politischen Kontinuität des Faschismus sowie nach politischen und kulturellen Öffnungen, die Zweite Frauenbewegung, Willy Brandt als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler einer sozialliberalen Koalition und seinem Versprechen, mehr Demokratie zu wagen. Geschichtliche Unterhaltungssendungen präsentieren Aufnahmen von Demonstrationen und Straßenkämpfen seriell in dramatischen und mystifizierenden Bildern neben dem Woodstock-Festival und der Mondlandung.Artikel
Inhalt Heft 232
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Europas letzte Chance?
Die Wähler*innen haben mit der Wahl zum Europäischen Parlament (EP) der EU eine erneute Chance gegeben, innerhalb der nächsten fünf Jahre die Weichen zu stellen, um die multiple Krise der EU zu überwinden. Ob dazu das Europäische Parlament mit seinen 751 Abgeordneten seinen Beitrag dazu leisten kann, ist allerdings zweifelhaft. Das ist nicht nur wegen seiner begrenzten Befugnisse im Kräftedreieck Kommission, Rat und Parlament schwierig, sondern auch aufgrund der jetzigen Mehrheitsverhältnisse. Insgesamt sind die linken Fraktionen, die sich kurz gesprochen mehr oder weniger hinter der Formel „Ja zur EU, aber sie muss sozialer, ökologischer und demokratischer werden“, versammeln, geschwächt aus der Wahl hervorgegangen.
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Etappenziel: linke Mehrheiten für die Arbeitsgesellschaft von Morgen organisieren
Urwahl, Doppelspitze und Raus aus der GroKo: Die Bandbreite von Therapievorschlägen für die SPD reicht von Hilflosigkeit über Häme bis hin zu Wunschzetteln. Zunächst zur Ursachenforschung. Andrea Nahles hatte auch öffentliche Auftritte, die danebengingen. Das kann passieren, ist kein Drama.
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Spanien: Wahlen und Wirtschaft
Spanien hat dieses Jahr zwei Wahlgänge erlebt, die für die Zukunft viele Fragen offenlassen. Die Parlamentswahl im April bescherte der Linken den Sieg, sowohl bei der Anzahl der Stimmen wie auch bei der Anzahl der Sitze: Obwohl es für die absolute Mehrheit nicht reichte, übertraf die Summe der Sitze der Sozialistischen Partei und Podemos jene der drei Rechtsparteien Partido Popular, Ciudadanos und VOX.
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Kommunalwahlen vom März 2019: Wendepunkt für Erdoğans „Neue Türkei“?
Die Türkei unter Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan und seiner seit 2002 ununterbrochen regierenden Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) durchlief in den letzten fünf Jahren ein Wahl-Marathon: Kommunalwahl März 2014, Präsidentschaftswahl August 2014, Parlamentswahl Juni 2015, Parlamentswahl November 2015, Verfassungsreferendum April 2017, Präsidentschafts- und Parlamentswahl Juni 2018, Kommunalwahl März 2019.
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1968 im Kontext: Entstehungsbedingungen einer Linkswende
Nur wenige Ereignisse wirken so als Scheidemarken wie das symbolisch hoch aufgeladene „1968“. Die neue Mobilisierungskraft der Partei „Die Grünen“ lebt von der Aktualität dieses Gegensatzes zwischen „progressiv“ und „reaktionär“. Die neue Mobilisierung des Rechtspopulismus – und des Rechtskonservatismus – lebt von der Rolle als Gegenpart zu „1968“. Der neue Aufschwung junger Protestbewegungen erinnert an die weltweiten Proteste der 1960er Jahre. Er erscheint als „neue APO“, als eine Erneuerung der „außerparlamentarischen Opposition“, die von 1967 an unsere politische Öffentlichkeit von der Basis her mobilisierte und die Politik der Volksparteien grundlegend in Frage stellte. Bemerkenswert ist auch, dass die liberalen Stimmen aus den Medien und der Wissenschaft sich, wie damals, auf die Seite der Protestbewegungen stellen und deren Ziele zu Zielen erheben, die im Interesse aller sind.
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Aus der Geschichte lernen: Godesberg und Linkswende sind zwei Seiten derselben Medaille der Volkspartei SPD
Die Geschichte der SPD erinnert durch ihren Absturz an eine Märchenerzählung. Sie scheint fernab der Realität zu sein, wenn sie mit den Worten beginnt:
Die SPD war einmal eine Volkspartei.
Dabei ist zunächst die Definition von Volkspartei zu klären, denn es existieren sehr unterschiedliche Vorstellungen von der Volkspartei. mehr
Die SPD war einmal eine Volkspartei.
Dabei ist zunächst die Definition von Volkspartei zu klären, denn es existieren sehr unterschiedliche Vorstellungen von der Volkspartei. mehr
Jungsozialistische Programmatik vor und nach den Herforder Thesen
Die Jungsozialisten der Weimarer Republik waren ein kleiner, aber sehr diskussionsfreudiger Verband. Zu Beginn der 1920er Jahre vor allem jugendbewegt und auf den Verfassungsrahmen der Weimarer Republik ausgerichtet, rückten sie ab Mitte der 1920er Jahre deutlich nach links. Erste Strömungsauseinandersetzungen entwickelten sich und auf der Reichskonferenz von Jena im Jahr 1925 konnte sich der linke Hannoveraner Kreis gegen den bis dahin den Verband dominierenden rechten Hofgeismarer Kreis durchsetzen.
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Warum die Jusos lieber die Linkswende feiern als ihren Geburtstag
„In der Geschichte der Jusos markiert die Linkswende im Jahr 1969 eine herausragende Wegmarke. Die Abkehr vom braven Parteinachwuchs und die politische Entscheidung für einen eigenständigen linken Richtungsverband bildeten die maßgebliche Grundlage für die weitere Entwicklung des Verbandes, den wir heute vorfinden und gemeinsam gestalten. Die Linkswende markierte den Bruch mit der einseitigen Bindung an die SPD. Getragen auch von zahlreichen 68er*innen nahm man von der bis dato nahezu bedingungslosen Loyalität Abstand und begann, grundlegende Veränderungen der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu diskutieren..."
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Gespräch: Was bedeutet die Linkswende heute?
spw: Was ist Euer persönliches Verständnis der Linkswende? Welche Bedeutung hatte die Linkswende für Eure eigene politische Sozialisation?
Michael Guggemos: Linkswende verstehe ich doppelt: einerseits die Wiederaneignung der kritischen, demokratischen Theorie- und Politikkonzepte der Arbeiterbewegung von der Marxschen Theorie über die Ideen und Konzepte aus Österreich, Frankreich und vor allem Italien. mehrEndgame: Sozialismus oder Barbarei
Schauen wir auf unsere Gegenwart und vergleichen die gesellschaftlichen Dynamiken von 1969 mit den heutigen, so fällt ins Auge, dass uns heute die Vorstellungskraft zu fehlen scheint, uns die Welt als eine bessere vorzustellen. Vorstellungen einer anderen Welt sind meist nicht die von einer besseren, sondern dystopisch bis apokalyptisch geprägt. Zwar hat es auch 1969 apokalyptische Vorstellungen gegeben. Und doch fällt es heute offenbar leichter, sich das Ende der Welt vorzustellen, als das Ende des Kapitalismus.
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Der demokratische Sozialismus als Zielsetzung der Sozialdemokratie: Ansätze für eine Politik der sozial-ökologischen Transformation
Im Hamburger Grundsatzprogramm der SPD aus dem Jahr 2007 findet sich noch immer ein Bekenntnis zur sozialistischen Zielstellung der Sozialdemokratie: „Der demokratische Sozialismus bleibt für uns die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung für uns eine dauernde Aufgabe ist. Das Prinzip unseres Handelns ist die soziale Demokratie“. Im Gegensatz zu den vorhergegangenen SPD-Grundsatzprogrammen liefert das Hamburger Programm jedoch keinerlei Hinweise mehr dazu, was genau die SPD unter diesem politischen Anspruch überhaupt versteht oder welche politischen Konsequenzen daraus folgen sollten.
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Auf dem Weg zur Linkswende der SPD – jungsozialistische Impulse zur Erneuerung
Kaum ein anderes Ereignis hat das kollektive Bewusstsein und die Identität unseres Verbandes geprägt wie die Linkswende des Jahres 1969. Auch heute ranken sich noch zahlreiche Legenden und Mythen um den schicksalhaften Münchener Bundeskongress. Auf diesem hat eine Generation von jungen politischen Aktiven die Weichen für einen Prozess gestellt, den wir nach wie vor als dauernden Auftrag und Pflicht empfinden: Uns immer wieder mit der Frage zu konfrontieren, wie wir Jusos unsere Grundwerte Sozialismus, Feminismus und Internationalismus vor dem Hintergrund sich permanent wandelnder politischer, gesellschaftlicher und ökonomischer Verhältnisse fassen und in konkrete Politik ummünzen lassen.
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Die SPD in der Umbruchkrise – Anforderungen an eine moderne sozialdemokratische Politik
Die bundesdeutsche Parteienlandschaft ist in Bewegung geraten. Besonders betroffen: die SPD. Nach dem kontinuierlichen Stimmenverlust in den letzten 15 Jahren und dem historisch schlechten Ergebnis von 20,5 Prozent bei der letzten Bundestagswahl 2017 erzielte die Partei bei den Europawahlen nur 15,8 Prozent . Erneut wird diskutiert, ob die SPD immer noch als Volkspartei bezeichnet werden kann. Ein Blick über die Grenzen zeigt, dass die Schwäche der Sozialdemokratie kein deutsches Phänomen ist.
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Vorschläge zur weiteren Debatte über die imperiale Lebensweise
Mit ihrem Buch über die „imperiale Lebensweise“ und nachfolgenden Zeitschriftenaufsätzen haben Ulrich Brand und Markus Wissen eine Debatte ausgelöst, die es verdient, weiter aufgegriffen zu werden. Mit ihren Überlegungen haben die beiden Autoren offenkundig einen Nerv getroffen und wichtige Denkanstöße gegeben. Aber auch Kritisches war zu hören. Ob mit dieser Analyse die Metamorphosen des gegenwärtigen internationalen Kapitalismus adäquat erfasst würden, ist gefragt worden. Die These, „wir“ in den kapitalistischen Metropolen lebten auf Kosten Anderer, könnte den Blick auf die sozialen Widersprüche in diesen Zentren verstellen, wurde angemerkt.
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Das Rote Wien: Eine sozialdemokratische Utopie
Es war einmal, vor einhundert Jahren. Da errang die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs bei der ersten Gemeinderatswahl in Wien nach Kriegsende, am 4. Mai 1919, 54 Prozent der Stimmen. Einhundert der Sitze im Wiener Gemeinderat, der damals 165 Sitze zählte, nahmen Sozialdemokraten ein. Von 1919 bis zum Februar 1934 wurde die Millionenstadt Wien, die Hauptstadt der ersten österreichischen Republik, von der Sozialdemokratie regiert. In Wien gab sie ein Beispiel, das bis heute fortwirkt – in Wien und anderswo.
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