Ausgabe: spw 234

Digitaler Kapitalismus – Mythos oder Realität?

Einleitung zum Heftschwerpunkt

Die Debatte um den digitalen Kapitalismus trifft mitten in eine Zeit, in der sich der Neoliberalismus nach einer längeren Phase kultureller Hegemonie in einer tiefgreifenden Krise befindet. Man könnte auf die Idee kommen, dass mit der Digitalisierung der Ökonomie erst die Zeit des Wirtschaftsliberalismus gekommen sei, da flexible Technologien, der Trend zu individualisierten Produkten und kürzeren Produktlebenszyklen sowie die zunehmende Bedeutung von Big Data nach mehr Markt verlangten. Doch die Parole „Digital first, Bedenken second“ ist längst der Realität gewichen. Überall hat sich die Kunde von der Macht der GAFA-Konzerne verbreitet. Die neoliberale Mission, fast alle Güter und Dienstleistungen den Märkten zu überlassen und durch Liberalisierung, Deregulierung und Privatisierung einem marktwirtschaftlichen Individualismus zu frönen, hat sich vor den unerbittlichen Realitäten kapitalistischer Krisenprozesse und Ausbeutungsverhältnisse blamiert. 

Artikel

Inhalt Heft 234

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Einleitung zum Schwerpunkt: Digitaler Kapitalismus – Mythos oder Realität?

von Arno Brandt, Ole Erdmann

Kurzum spw 234

von Kai Burmeister

CHANCE VERTAN!

von Michael Müller

Das Versagen der Politik beim Klimaschutz
Obwohl in unserem Land heute Hundertausende von Demonstrantinnen und Demonstranten für Energiewende und Klimaschutz, gegen Freihandel und nationalistische Restauration auf die Straße gehen – oder vielleicht gerade deshalb – , fällt der Verlust an politischer Theorie so deutlich auf. Wenn Politik erfordert, wie John Maynard Keynes in seinem berühmten Aufsatz über die Möglichkeiten für unsere Kinder und Enkelkinder von 1930 ausgeführt hat, unter die Oberfläche zu schauen, Zusammenhänge zu verstehen und längerfristige Entwicklungstendenzen zu erkennen, dann findet Politik kaum noch statt. mehr

Privatisierter Merkantilismus

von Philipp Staab

Unter dem Dachbegriff des digitalen Kapitalismus thematisieren wir nun schon seit einigen Jahren eine offenbar immer größer werdende Zahl von Phänomenen. Datensammler wie Google sollen ebenso dazugehören wie selbstfahrende Autos, Ecommerce-Plattformen, Mobilfunknetze, Waschmaschinen mit Internetanschluss und vernetzte Produktionsanlagen. Was diese Phänomene genau miteinander zu tun haben, ist dabei nicht mehr so leicht auszumachen. Die naheliegende Antwort lautet freilich: Sie basieren allesamt, zumindest teilweise, auf digitalen Basistechnologien und es handelt sich zudem in allen Fällen um Dinge, die in kapitalistische Verwertungsprozesse integriert sind. „Digital“ plus „Kapitalismus“ macht „Digitaler Kapitalismus“!
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Digitaler Kapitalismus – Auf der Suche nach einer neuen Prosperitätskonstellation

von Arno Brandt

Im Folgenden will ich der Frage nachgehen, ob es einen digitalen Kapitalismus geben kann, der sich als eine neue Prosperitätskonstellation durchsetzt und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um die produktiven und emanzipatorischen Kräfte einer solchen Transformation zur Entfaltung zu bringen. Es geht mir in diesem Zusammenhang nicht um die Frage, welche destruktiven Potentiale mit dem digitalen Kapitalismus verbunden sind, die z.B. Shoshana Zuboff in ihrem Buch über den Überwachungskapitalismus analysiert hat (Zuboff 2018). Ist also eine längere Phase kapitalistischer Entwicklung denkbar, die wieder von zunehmenden Wachstumsraten der Arbeitsproduktivität gekennzeichnet ist und welche Rahmenbedingungen müssen dafür hergestellt werden? mehr

Auf dem Weg in den digitalen Kapitalismus?

von Michael Wendl

An vielen Studien über die Auswirkungen einer forcierten Digitalisierung von Wirtschaft und Arbeit fällt auf, dass sie durch eine arbeits- oder techniksoziologische Sicht auf die zukünftige Entwicklung geprägt sind. Diese Studien prognostizierten nicht nur erhebliche Veränderungen in den Arbeitsanforderungen und in der Organisation abhängiger Arbeit, sondern auch einen massiven Verlust an Arbeitsplätzen.  mehr

Digitalisierung, Monopolbildung und wirtschaftliche Ungleichheit

von Hagen Krämer

Die voranschreitende Digitalisierung bringt zahlreiche neue Chancen mit sich. Gleichzeitig ergeben sich auch neue Herausforderungen für Wirtschaft und Gesellschaft. Dieser Beitrag beschäftigt sich mit zwei zentralen Problemen, die in letzter Zeit intensiv diskutiert werden. Zum einen geht es um die Tendenzen zur Monopolbildung, die sich auf Märkten für digitale Güter beobachten lassen. Zum anderen um die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt durch Roboterisierung und künstliche Intelligenz. Hier stehen die Sorge vor Arbeitsplatzverlusten und einer weiter zunehmenden Einkommens- und Vermögensungleichheit an erster Stelle.
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Interview: „Es gibt kein Eigentumsrecht auf Daten“

von Ulrich Sendler

Wie will man kontrollieren, für was anonymisierte Daten genutzt werden, wenn es gar kein Eigentumsrecht für Daten gibt, also keine Verträge geschlossen werden müssen, und seien es auch nur smart contracts? Und welche Daten sollen dann geteilt werden? Wie soll etwa sichergestellt werden, dass die Konzerne qualitativ hochwertige Daten weitergeben? Für die Künstliche Intelligenz ist ja nicht nur die Menge an Daten ausschlaggebend, sondern auch ihre Qualität.  mehr

Künstliche Intelligenz – Anforderungen und Anknüpfungspunkte strategischer Gewerkschaftsarbeit

von Kajsa Borgnäs, Sören Tuleweit

Wie wird sich künstliche Intelligenz (KI) auf Wirtschaft, Gesellschaft und Arbeit auswirken? Darüber bestehen ganz unterschiedliche Einschätzungen. Eins ist aber klar: Die gesellschaftlichen Folgen von KI sind nicht allein technisch bestimmt. Für Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter heißt das: Je häufiger KI betrieblich umgesetzt wird und damit unmittelbare Auswirkungen auf die Arbeitsrealität hat, umso notwendiger wird die gewerkschaftliche Auseinandersetzung mit künstlicher Intelligenz. mehr

Gastbeitrag: Europa ist in Gefahr, seine Souveränität im digitalen Raum zu verlieren

von Ulrich Wilhelm

Europa ist in Gefahr, seine Souveränität im digitalen Raum zu verlieren. Nahezu alle digitalen Plattformen – das gilt für Suchmaschinen ebenso wie für soziale Netzwerke bis hin zu digitalen Einkaufsplattformen und Cloud Services – werden heute von Anbietern außerhalb Europas bestimmt, allen voran von US-Monopolisten wie Google, Amazon und Facebook. mehr

Stichwort Wirtschaftspolitik: Der Konjunkturhimmel verdunkelt sich

von Arne Heise

Die aktuelle Zahl: 0,295 Gini-Koeffizient

von Michael Reschke

Wirtschaftsdemokratie gegen den Strich gebürstet

von Franziska Wiethold

Die Linke hat die Idee der Wirtschaftsdemokratie wiederbelebt. Zunächst wurde der eher neue Begriff der Transformation (Demirovic 2016) verwandt. Inzwischen werden auch traditionelle Begriffe wie Wirtschaftsdemokratie (Forum Neue Politik der Arbeit) oder neue Begriffe wie Neosozialismus (Dörre/Schickert 2019) wieder hoffähig, seitdem Bewegungen gegen die Folgen des neoliberalen Regimes mit der wachsenden Ungleichheit und Unsicherheit und dem Raubbau an Natur, öffentlichen Gütern und menschlichen Ressourcen wachsen. mehr

Die SPD im Wandel: Klassenpartei, Kompromisspartei, Wertepartei

von Sebastian Jobelius, Konstantin Vössing

Wir stellen in diesem Artikel dar, warum und wie sich die SPD zu einer Wertepartei entwickeln muss, um weiterhin Volkspartei zu bleiben. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert hat sich die Sozialdemokratie als Klassenpartei für die Arbeiter aufgestellt. Dies war für die deutschen Sozialdemokraten im politischen Kontext des Kaiserreichs die richtige Entscheidung. Durch intensive Mobilisierung und Solidarisierung gelang es, die große Gruppe der politisch und ökonomisch ausgeschlossenen Arbeiter unter repressiven Bedingungen erfolgreich zu vertreten und zu einem relevanten politischen Akteur zu machen (Vössing 2017).
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Hugo Haase – Anwalt und Abgeordneter im Zentrum der Sozialdemokratie

von Thilo Scholle

Ende des Jahres 1915 wütete der Erste Weltkrieg bereits 17 lange Monate. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hatte den Kriegskrediten im Rahmen einer denkwürdigen Reichstagssitzung am 4. August 1914 zugestimmt. Hugo Haase, der sich in der vorangegangenen Fraktionssitzung vehement gegen diesen Schritt eingesetzt hatte, wurde als amtierender Partei- und Fraktionsvorsitzender gedrängt, die begleitende Erklärung zur Zustimmung zu verlesen, was er letztlich aus Pflichtgefühl auch tat. mehr

Rezension: Eduard Bernstein oder: Die Freiheit des Andersdenkenden

von Hendrik Küpper

Rezensionen: Marie Jahoda und die österreichische Arbeiterkultur

von Thilo Scholle

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