Ausgabe: spw 233
Bewegte Zeiten: Linke Bewegungen, Proteste und gewerkschaftliche Kämpfe
Einleitung zum Heftschwerpunkt
Im teils scharfen Kontrast zu den beiden letzten Jahrzehnten mit der Hochphase neoliberaler Diskurse und des vermeintlichen „Endes der Geschichte“ (Fukuyama) ist neben verstärkten und teils erfolgreichen betrieblichen Kämpfen eine deutlich breitere Mobilisierung von progressiven Protesten und teils auch Bewegungen in Deutschland und in einigen anderen Ländern Europas zu beobachten. Ihre Mobilisierungsstrategien, ihr Aufflammen und Abflauen kann ohne die Analyse der Alltagswahrnehmungen und -praktiken nicht verstanden werden. Solidarisierungen, in Form von Protesten und sozialen Bewegungen hängen eng mit kapitalistischen und wohlfahrtsstaatlichen Pfadentwicklungen sowie der politischen Repräsentation der jeweiligen gesellschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen zusammen.Artikel
Inhalt Heft 233
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Coole Verlierer
Die Bundestagswahl 2017 stellte eine Weichenstellung in eine „andere Republik“ dar. Ein regional zerklüftetes Parteiensystem löst das alte mit seiner bipolaren Struktur der Volksparteien auf, SPD und CDU verlieren – asymmetrisch – ihren volksparteilichen Charakter. Die SPD gerät durch regionale Auszehrung in einen politisch subalternen Status. Erstmals hat sich mit der AfD eine rechtspopulistische Partei bundesweit etabliert. Ihr Aufstieg und als Gegenpol die Terraingewinne der Grünen zeigen die aktuelle Bedeutung einer kulturalistischen Spaltungslinie der politischen Lager.
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Griechenland nach den Wahlen
In Griechenland ist eine Epoche zu Ende gegangen. Begonnen hat sie mit dem Ausbruch der großen Kapital(istischen) Krise in den USA 2008-2009, die in Griechenland zu einer tiefen Staatsschuldenkrise führte. Über die sogenannte „Rettungsprogramme“ der Troika, entscheidend mitgestaltet von Wolfgang Schäuble, wurde die Staatsverschuldung Griechenlands sehr rasch zu einer großen sozialen, wirtschaftlichen und Demokratiekrise umgewandelt.
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Spahn’sche Gesundheitspolitik – massive Umverteilungen zu Ungunsten der Arbeitnehmer*innen
Über die Gesundheitspolitik werden nicht nur Finanzierung, Strukturen und Leistungen der gesundheitlichen Versorgung in unserer Republik geregelt. Über Sozialgesetze werden zudem die Gesundheitsbranchen mit – je nach Definition – bis zu 7,3 Millionen Beschäftigten gesteuert. Das Ausgabenvolumen in unserem Gesundheitssystem beträgt derzeit über 344 Milliarden Euro. Der Anteil am BIP entspricht rund 12 Prozent.
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Es geht um tief verankerte sozialmoralische Regeln: über die Ursachen und Dynamiken aktueller sozialer Bewegungen und Proteste
Wenn man soziale Öffnungen und Schließungen als Ausdruck bzw. Ergebnis von Klassenkämpfen betrachtet, kann heute von einer allgemeinen sozialen Öffnung im Schlepptau des jüngsten wirtschaftlichen Aufschwungs nicht die Rede sein. Wir erleben stattdessen eine Polarisierung der deutschen Gesellschaft, die ihre ohnehin schon schwache soziale Durchlässigkeit zunehmend zu verlieren droht, weil Armut und Reichtum sich in den letzten Jahren deutlich verfestigt haben.
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Aktuelle Jugendproteste: Ausdrucksformen, Motive und die Frage nach der Anerkennung in der Politik
Aktuell lassen sich vielfältige globale Protestformen junger Menschen beobachten, beispielsweise die anhaltenden Proteste in Hongkong, die europaweiten Demonstrationen für ein freies Internet in einer digitalen Welt und die seit 2018 andauernde Protestbewegung Fridays for Future (FFF) für einen besseren Klimaschutz, wobei klare Forderungen an die Politik formuliert und politisches Handeln eingefordert wird.
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Gelbwesten: „Man kann auch wegen fünf Euro eine Revolution anzetteln“
Tatsächlich stelle ich mir mehr und mehr die Frage, ob es richtig ist, nach tieferen und allgemeineren Ursachen zu suchen. Ich will damit nicht sagen, dass es falsch ist, das zu versuchen, aber gleichzeitig glaube ich, ist es wichtig, sich von einer allzu abstrakten und generalisierenden Argumentation zu verabschieden.
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Die Gewerkschaften – progressive Akteure einer Nachhaltigkeitsrevolution?
Sprachen nach der großen Krise von 2007-2009 zumindest in der Bundesrepublik einige Anzeichen für ein Comeback der Gewerkschaften, trüben sich die Aussichten gegenwärtig wieder ein. Nach zehn Jahren wirtschaftlicher Prosperität schwächt sich die Konjunktur ab. Zwar existiert kein ehernes Gesetz, wonach ökonomische Konjunkturkrisen unweigerlich zu einer Schwächung gewerkschaftlicher Machtressourcen führen, doch punktgenau mit den ersten Anzeichen für eine Rezession formuliert der Arbeitgeberverband Gesamtmetall eine Kampfansage.
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Fair Trade oder Tarifverhandlungen? Wie NGOs und Gewerkschaften transnational zusammenarbeiten können
Seit 1997 werden in Supermarktregalen Bananen mit dem Gütesiegel Fair Trade angeboten. Damit hat die NGO Max Havelaar ihre Strategie für bessere Arbeits- und Handelsbedingungen fortgesetzt, die im Kaffeehandel begann. Heute findet sich das Label auf zahlreichen Konsumprodukten. Für Gewerkschaften bleibt das Verhältnis zu der transnationalen Bewegung des ethischen Konsums von Beginn an zwiespältig: Das Label setzt eine Top-down-Regulierung von Arbeitsstandards durch – zertifiziert durch externe Audits. Gewerkschaften drängen stattdessen auf die Verankerung von Gewerkschaftsrechten, um eine demokratische Mitbestimmung von Arbeitern vor Ort zu sichern.
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Praxisbericht: Mit Organizing durch raue Zeiten
Als Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger Ende Juli öffentlich den Flächentarifvertrag in Frage stellte, war dies nur das vorerst jüngste in einer langen Kette von Symptomen eines tiefgreifenden Umbruchs. Das System der industriellen Beziehungen in der Bundesrepublik Deutschland ist seit den 1990ern im Wandel: Beschäftigtenrechte werden ausgehöhlt, der Handlungsspielraum für Gewerkschaften wird enger.
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Praxisbericht: Fridays for future – alle fürs Klima
Die Bewegung Fridays for Future scheint für viele explosiv aus dem Boden gesprungen zu sein. Ohne Vorwarnung befanden sich Mitte Dezember mehrere Tausend Schüler*innen an einem Freitag während der Schulzeit auf den Straßen, dem Vorbild eines 15jährigen Mädchens aus Schweden folgend.
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Praxisbericht: Unteilbar – gemeinsam für eine offene und solidarische Gesellschaft
#unteilbar bringt Hunderte von verschiedenen Organisationen, Initiativen, Verbänden, Gewerkschaften und Netzwerken zusammen, die sich für eine offene und freie Gesellschaft einsetzen – an unterschiedlichen Orten, mit unterschiedlichen Schwerpunkten und unterschiedlichen Ressourcen. Diese Vielfalt macht #unteilbar einzigartig und ist seine Stärke.
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Praxisbericht: Lobby für Mieter*innen – Anwendung von Lobbyismusstrategien im Häuserkampf
Die Worte Milieuschutzgebiet und Vorkaufsrecht sind Berliner*innen, die gelegentlich die Abendschau im RBB schauen oder Morgenpost lesen bekannt. Was genau diese Worte bedeuten und welche Tragweite sie für das eigene Leben haben können, wird den meisten erst klar, wenn sie selbst ein Schreiben ihres Bezirksstadtrats im Briefkasten haben. „Ihr Haus wurde verkauft, es befindet sich in einem Milieuschutzgebiet. Zurzeit prüft der Bezirk, ob er sein Vorkaufsrecht zu Gunsten einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft oder einem alternativen Drittkäufer ausüben kann.“
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Praxisbericht: Notstand der Menschlichkeit – die SEEBRÜCKE-Bewegung
„SEEBBRÜCKE – Schafft sichere Häfen“. Mit dieser Forderung trat Ende Juni 2018 eine Gruppe Berliner Aktivist*innen an die Öffentlichkeit. Aus einer überschaubaren Gruppe erwuchs binnen weniger Tage die deutschlandweite Bewegung SEEBRÜCKE. Ausgangspunkt war das Drama um das im Mittelmeer umherirrende private Rettungsschiff „Lifeline“ mit 234 Flüchtlingen an Bord. Der Crew wurde das Anlegen in Malta und Italien tagelang untersagt, obwohl es bereits Angebote aus mehreren Städten gab, die Geretteten aufzunehmen.
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Praxisbericht: Care Revolution – für ein gutes Leben!
Es könnte schön und bereichernd sein – sich um sich selbst und umeinander zu kümmern, Menschen freundschaftliche, nachbarschaftliche, professionelle Unterstützung zu geben. Stattdessen geraten viele Menschen häufig an die Grenzen ihrer Kräfte, wenn sie die hohen beruflichen Anforderungen mit Sorgearbeit für sich und andere verbinden möchten.
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Turbulente Zeiten: Der Kampf um das neue Gesicht der Demokratie
Es häufen sich die Anzeichen für einen rapiden Zerfall des dominanten liberalen Demokratiemodells der Nachkriegszeit. In Deutschland beruhte es wie in anderen westeuropäischen Ländern auf einem vergleichsweise stabilen System intermediärer Interessenvermittlung durch Parteien, Verbände und Gewerkschaften. Auch die Interessenorganisationen von Älteren sind Teil dieses intermediären Gefüges.
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Demokratische Vergesellschaftung – Revisionen und Hypothesen für einen modernen Sozialismus
Das nachfolgende Dokument wurde insbesondere durch die Vorstöße von Kevin Kühnert im Frühjahr dieses Jahres und die verschiedenen Reaktionen darauf angeregt. Bei den Ausführungen handelt es sich um grundsätzlich angelegte Dispositionen, in denen wir implizit oder explizit auch vergangene Vorstellungen von Vergesellschaftung und sozialistischer Wirtschaftsweise und ihnen zugrundeliegender sozioökonomischer Zusammenhänge Revue passieren lassen. Es geht uns zunächst eher um Deutungsmuster und Bilder und damit verbundene Mutmaßungen und Hypothesen und noch nicht um eine konkrete Programmatik. Am Schluss werden allerdings einige Eckpunkte für eine weiterführende Agenda benannt, denen sich die Zeitschrift spw in der kommenden Zeit kontinuierlich widmen will.
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Sozialisierung und Sozialdemokratie – am Beispiel „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ in Berlin
In Berlin fordern die Initiator*innen des Volksbegehrens „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ die Vergesellschaftung der Bestände aller privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen mit über 3.000 Wohnungen im Land Berlin. Die Unterschriften für ein Volksbegehren hatte die Initiative in Kürze zusammen und seither diskutiert die Stadt.
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Grundlagen einer progressiven Industriestrategie für die sozial-ökologische Transformation
Seit Wirtschaftsminister Altmaier sein Strategiepapier „Nationale Industriestrategie 2030“ veröffentlicht hat, ist Industriepolitik in Deutschland in aller Munde. Dieser Artikel wird sich daran anschließend mit der Frage auseinandersetzen, wie Industriepolitik den strukturellen Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft im Sinne einer sozial-ökologischen Transformation fördern kann.
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