Ausgabe: spw 166

Staatswirtschaft 3.0 - Mit öffentlichen Unternehmen Gutes tun

Einleitung zum Heftschwerpunkt

Knapp 15 Jahre nach der Privatisierung der neuseeländischen Bahn hat der Staat das Unternehmen vollständig zurückgekauft. Die öffentliche Eigentümerschaft wird als bester Weg betrachtet, um die strategischen Ziele der Regierung umzusetzen: Modernisierung der Infrastruktur, Ausbau des Schienenverkehrs, Reduktion der CO2 Emissionen...

Artikel

Inhalt spw 166

Einleitung zum Heftschwerpunkt

von Sebastian Jobelius, Stefan Stache

Das Vorreiterland der Liberalisierung und Privatisierung liefert damit erneut ein Symbol für einen Epochenwechsel: Die Zeit der selbstverständlichen Privatisierung öffentlichen Besitzes geht zu Ende, die Grenzen der Übertragung öffentlicher Aufgaben auf private Anbieter sind in vielen Ländern und Kommunen erreicht und zum Teil überschritten worden. Die Erfahrung mit den empfohlenen Behandlungen führt dazu, dass politische EntscheidungsträgerInen neoliberal angeleiteten Rezepten zunehmend kritisch gegenüberstehen... mehr

Wir brauchen eine postnationale Identität - Interview mit Lale Akgün

von Lale Akgün

spw: Seit dem 1. September 2008 müssen MigrantInnen für ihre Einbürgerung den bundesweiten Einbürgerungstest bestehen. Welche Auswirkungen auf die Einbürgerungszahlen sind zu erwarten?

Lale Akgün: Grundsätzlich fi nde ich es richtig, dass einbürgerungswillige Menschen Kenntnisse über unser Land nachweisen müssen – deshalb haben wir auch die Einbürgerungskurse eingeführt. Für problematisch halte ich allerdings, dass der Test in der jetzigen Version ein viel zu hohes sprachliches und fachliches Niveau aufweist: Viele Fragen sind kompliziert, einige nicht alltagsrelevant und einige diskriminierend. So lassen sich die Einbürgerungszahlen nicht steigern...

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Neustart Frauenpolitik – Warum die Quote Schule machen muss

von Katie Baldschun, Sarah Henkelmann

Runde Geburtstage im Jahr 2008: Zehn Jahre Regierungsbeteiligung der SPD im Bund, 20 Jahre SPD-„Quotenbeschluss“ – zur Durchsetzung gleicher Beteiligung beider Geschlech ter bei Ämtern und Mandaten. So akzeptiert die parteiinterne Quotierungsregelung mittlerweile ist (und zu ihrem diesjährigen Jubiläum Ende August auch mit einem Festakt gewürdigt), hat sich die Sozialdemokratie in den Jahren der Regierungsverantwortung nicht durchringen können, vergleichbar harte Instrumente für die Gleichstellung auch außerhalb der eigenen Gremien anzuwenden. Schon für die rot-grüne Frauenpolitik galt: 1998 als Tiger gesprungen, 2001 als Bettvorleger gelandet, die rühmliche Ausnahme bildet insbesondere das Bundesgleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst. Doch seit 2005 haben Kanzlerin und Familienministerin die Frauenpolitik ganz in die Mottenkiste verbannt.   mehr

Privatisierung kommunal

von Christina Deckwirth

Lange Zeit galt die Bundesrepublik Deutschland als recht schwerfälliges Privatisierungsland. Tatsächlich begann etwa die Restrukturierung der zwei großen Staatsunternehmen im Infrastrukturbereich, Bundespost und Bundesbahn, zunächst recht zögerlich. Europäische Einfl üsse, fi nanzielle Zwänge durch die Wiedervereinigung sowie die ideologische Öffnung einer breiten Akteurskonstellation zugunsten einer Wettbewerbsorientierung ermöglichten allerdings Mitte der 1990er Jahre einen Durchbruch im Liberalisierungs- und Privatisierungsprozess. Mittlerweile sind nun die ehemaligen Staatsunternehmen nach wettbewerblichen Maßstäben restrukturiert worden (vgl. Deckwirth 2008). Die Deutsche Post, die Telekom, Lufthansa oder die Energieriesen RWE und E.on agieren als Global Player auf dem Weltmarkt. Gleichzeitig wird auch in den Kommunen der Verkauf der öffentlichen Unternehmen vorangetrieben... mehr

Gerechtigkeitslücke – zu Lasten der SPD

von Horst Heimann

Soziale GERECHTIGKEIT ist für 83 Prozent der deutschen WählerInnen der wichtigste Wert (FES-Studie „Gesellschaft im Reformprozess“, 2006). Diese solidarische Wertepräferenz der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung ist die Grundlage dafür, dass eine Mehrheit von zwei Dritteln die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Politik in Deutschland für ungerecht hält (Deutschlandtrend April 2008, Frankfurter Rundschau 4.4.2008)... mehr

Stichwort zur Wirtschaftspolitik: Das Scheitern der WTO-Verhandlungen

von Arne Heise

Noch vor Ende des 2. Weltkrieges wurden die Weichen für eine weltweite Wirtschaftsordnung der Nachkriegszeit gestellt: Nach anglo-amerikanischen Plänen wurden die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) gegründet, die die bis heute gültigen Weltwährungsinstitutionen bildeten. Das ebenfalls beschlos sene, feste Wechselkurssystem – das so genannte Bretton- Woods-System – hingegen ist bereits 1973 in der ersten Weltwirtschaftskrise der Nachkriegszeit zerbrochen und die geplante International Trade Organisation (ITO) wurde in der geplanten Form nie realisiert. Stattdessen wurden in mehreren multilateralen Verhandlungsrunden – den ‚General Agreements on Trade and Tariffs’ (GATT) – allmählich die kriegsbedingt weitgehend abgeschotteten nationalen Binnenmärkte zunehmend geöffnet und die hohen Zölle und nicht-tarifären Hemmnisse auf fast alle Industrie- und Agrarprodukte gesenkt... mehr

Gut für die Entwicklung vor Ort - Der Stellenwert öffentlicher Unternehmen in der sozialdemokratischen Kommunal- und Regionalpolitik

von Marc Herter

Als im Frühjahr 2007 an die 25.000 DemonstrantInnen vor dem Düsseldorfer Land tag zu sammen kamen, um gegen die Verschärfung des Kommunalwirtschaftsrechts in NRW zu demonstrieren, zeigten sich viele Kommentator Innen überrascht. Immerhin waren dies doppelt so viele Bürger, wie Wochen zuvor die IGBCE gegen den sofortigen Kohleausstieg mobilisieren konnte...
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„Was einmal veräußert ist, ist zumeist nicht rückholbar“ - Interview mit Hauke Jagau

von Hauke Jagau

spw: Nach einer langen Phase der Privatisierung scheint der Prozess in letzten Jahren ins Stocken zu geraten. Besonders lokale Proteste und die Bedenken kommunaler MandatsrägerInnen nehmen zu, bis hin zu Rückkäufen. Ist das der Beginn eines Rekommunalisierungstrends?

Hauke Jagau: Die Euphorie in Bezug auf Privatisierungen und der Glaube daran, dass privatrechtliche Lösungen per se besser als öffentliche sind, haben in den letzten Jahren Dämpfer erhalten...

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Mehr KönnerInnen sind gefragt - Strategien gegen den Fachkräftemangel

von Oliver Kaczmarek

Nachdem der OECD-Bildungsbericht „Bildung auf einen Blick“ für Deutschland im Vergleich zu den anderen Industrienationen einen akuten Handlungsbedarf zur Sicherung des Fachkräftebestands diagnostiziert hat (vgl. spw 159), gibt es auch in der SPD vielfältige Bestrebungen, das Thema auf der (bildungs-)politischen Agenda nach oben zu setzen. Sowohl Bundestagsfraktion als auch Parteivorstand haben in jüngster Zeit dazu Vorschläge vorgelegt... mehr

Kommunalwirtschaft 3.0 – Mit Kommunalunternehmen Städte entwickeln. Zur sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung von öffentlichen Unternehmen

von Norbert Kastner

Coburg: Bayern (sogar freiwillig durch Volksentscheid 1919!) – ehemaliges Zonenrandgebiet – Veste Coburg und Herzogshaus Sachsen Coburg und Gotha – Coburger Bratwürste – Internationales Sambafestival Coburg – und natürlich: Sitz der HUK-Coburg Versich erungsgruppe. Doch damit erschöpft sich meistens schon das Wissen über meine Heimatstadt, in der ich seit fast 19 Jahren Oberbürgermeister bin. In kommunalen Kreisen vielleicht noch bekannt: Coburg als die Stadt mit den höchsten Pro-Kopf-Gewerbesteuereinnahmen beim gleichzeitig wohl niedrigsten Hebesatz aller kreisfreien Städte... mehr

Programmatische Phantasie freisetzen! - Anmerkungen zu den neuen Juso-Thesen

von Uwe Kremer

Bei der Vorlage der „Thesen zu jungsozialistischer Politik – Für eine Linke der Zukunft“ handelt es sich in mehrfacher Hinsicht um einen bemerkenswerten Vorgang. Mit einem klaren Bekenntnis zu einer kapitalismuskritischen und sozialistischen Grundsatzposition stellt sich der Verband erneut in die Tradition der sog. Linkswende aus dem Jahre 1969. Das sind fast 40 Jahre, eine Kontinuität, ohne die auch die heutige Linke in der SPD nicht denkbar wäre und zu der sicherlich auch diese Zeitschrift erheblich beigetragen hat. Und es hat – bei Lektüre des Papiers, mit Blick auf die beeindruckende zentrale Tagung der Jusos Anfang Juni und angesichts des Selbstbewusstseins an der Juso-Spitze – schon etwas außerordentlich Beruhigendes, dass diese Kontinuität auch für die nächsten Jahre gesichert zu sein scheint... mehr

Pro/Contra: Wiedereinführung der Pendlerpauschale

von Marco Bülow, Rainer Wend

Staatlichkeit und emanzipatorische Politik

von Thilo Scholle

Eine Zeit lang sah es so aus, als könnten auch in der Sozialdemokratie jene politischen Denk ansätze an Einfl uss gewinnen, die den Staat als Akteur im Kampf für fortschrittliche Politik abgeschrieben hatten. „Privat vor Staat“ war auch innerhalb der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion keine unbekannte Parole. Weitere Privatisierungen und Deregulierungen gerade auch im Bereich der Öffentlichen Daseinsvorsorge waren die Folge. Diese Entwicklung hat sich seit einiger Zeit zumindest auf der Ebene der politischen Verlautbarungen wieder verändert. Auch das „Hamburger Programm“ versucht, staatliche Handlungen wieder als ein Element gesellschaftlicher Steuerung und Gestaltung zu beschreiben...
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Es geht um mehr als nur um Personen - Geschlossenheit nur auf programmatischer Grundlage möglich!

von Björn Böhning

Kurt Beck stand für den Kompromiss des Hamburger Grundsatzprogramms als Beginn einer programmatischen Erneuerung, mit der Gelungenes aufgenommen und Notwendiges weiterentwickelt wurde. Teile der Partei hatten seit Wochen viel Energie darauf verwendet, gegen diesen Kurs Stimmung zu machen. Wir haben uns dafür engagiert, die Inhalte der SPD als linke Volkspartei in den Mittelpunkt der Debatte zu rücken. Daran werden wir auch künftig festhalten. SPDKanzlerkandidat Frank Walter Steinmeier hat das Hamburger Programm als die Grundlage unseres politischen Weges bezeichnet. Wir werden ihn daran messen, denn es kann kein Zurück hinter „Hamburg“ geben... mehr

Neuer Erfolg im zweiten Anlauf?

von Erwin Buchinger

Am 1. Oktober 2006 war die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) – nach sechsjähriger Oppositionszeit – wieder, wenngleich nur knapp, stimmenstärkste Partei geworden. Die Wahlen wurden trotz schwieriger Rahmenbedingungen, wie einen Skandal um die Gewerkschaftsbank, der bis zum Zwangsverkauf derselben und zur Auswechslung der Gewerkschafts spitze führte, gewonnen. Nach sechs Jahren Mitte-Rechts-Regierung war die Arbeitslosigkeit stark gestiegen, hatte die Prekarisierung von Beschäftigungsverhältnissen zugenommen, waren Sozialleistungen abgebaut, die Nettoeinkommen der ArbeitnehmerInnen verringert und das Bildungssystem vernachlässigt worden... mehr

Grenzen der Privatisierung

von Tim Engartner

Hatte lange Zeit die Vorstellung dominiert, der Staat müsse die Feinsteuerung komplexer ökonomischer Systeme übernehmen und im Falle des Marktversagens intervenieren, gewann im Zuge der von Helmut Kohl ausgerufenen „geistig-moralischen Wende“ zu Beginn der 80er-Jahre in den Unternehmen wie in der Politik das Credo des „schlanken Staates“ massiv an Einfl uss. Erklärtes Ziel seiner ProtagonistInnen war und ist es, möglichst alle Gesellschaftsbereiche nach dem Vorbild des Marktes zu ordnen...
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Gleiche Bildungs chancen haben ihren Preis

von Wolfgang Jüttner

Der SPD-Parteivorstand hat im vergangenen Jahr die Kommission „Gleiche Lebenschancen für jedes Kind – Kinderarmut bekämpfen“ mit dem Arbeitsauftrag eingesetzt, ein Konzept zur Verbesserung der Lebenschancen aller Kinder und zur Bekämpfung von Kinderarmut vorzulegen. Mit dem „Aktionsplan für gleiche Lebenschancen. 10 Maßnahmen der SPD gegen Kinderarmut“, den das SPD-Präsidium am 9. Juni 2008 beschlossen hat, liegt ein erstes Arbeitsergebnis der Kommission vor...
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Kurzum

von Thomas Westphal

Literaturschau

von Tim Engartner, Marcus Schwarzbach

Personen & Positionen

Kinderspiel Kapitalismus: Gelebte Widersprüche

von Alexandra Kramm

Zu spät, zu spät – zu spät, zu spät“ schallt es von den Rängen. 20.000 Menschen brüllen den unverkennbaren Refrain. Das war gestern schon so und vorgestern auch. Männer und Frauen, mittelalte und blutjunge stehen einträchtig nebeneinander und singen, ohne dass Gotthilf Fischer sie dazu gezwungen hat. Drei Stunden lang haben die Ärzte die Kindl-Bühne in Berlin gerockt. Sechsmal haben sie 2008 die Freilichtbühne ausverkauft. Und immer das gleiche Bild. Beeindruckend erfolgreich. Unverwüstlich aktuell. Auch 24 Jahre nach meiner ersten Begegnung mit der Berliner Punk-Band...
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