Ausgabe: spw 219
Branchen im Umbruch
Einleitung zum Heftschwerpunkt
Laut einer aktuellen Konjunkturprognose des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) wächst das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2017 um 1,3 Prozent. Im kommenden Jahr sollen es 1,8 Prozent sein. Auch wenn die Zuwächse im historischen Vergleich damit eher auf einem niedrigen Niveau liegen, so geht es mit der Wirtschaftskraft in Deutschland seit dem Konjunktureinbruch im Jahr 2009 in Folge der Finanzmarktkrise wieder stetig bergauf. Insoweit herrscht Stabilität. Auf den ersten Blick lassen sich in der Wirtschaftsentwicklung keine großen Auffälligkeiten oder gar Strukturbrüche erkennen.Artikel
Inhalt Heft 219
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Ein Blick auf die Wahlen in den Niederlanden
Der Wahlabend in der niederländischen Botschaft in Berlin: Der Saal ist dem Anlass entsprechend festlich und in oranje hergerichtet. Die Stimmung angespannt, schließlich haben die Prognosen der rechtspopulistischen PVV ein Rekordergebnis in Aussicht gestellt. Nach der ersten Hochrechnung macht sich Erleichterung breit. Geert Wilders und seine rechtspopulistische Truppe bleiben deutlich hinter den Prognosen zurück und sind weit davon entfernt, stärkste Kraft zu werden. Ein Blick in die Gesichter verrät aber auch in aller Deutlichkeit, wer von den Anwesenden es mit der sozialdemokratischen Partij von der Arbeid (PvdA) hält. Die Enttäuschung ist offensichtlich.
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Portugal – neue Hoffnung für linke Politik in Europa?
Die Bildung einer neuen Regierung am 26.11.2015 in Portugal war nicht nur eine überraschende Wende im innerportugiesischen Verhältnis der Linken untereinander. Zum ersten Mal kam es zur Unterstützung der Minderheitsregierung der Sozialisten des Partido Socialista (PS) durch den Linksblock Bloco de Esquerda und dem Bündnis der Kommunisten und Grünen CDU. Sie bot auch eine neue Alternative für alle europäischen linken Kräfte und ihrer gegen die austeritätspolitischen Vorgaben der letzten Jahre gerichteten Politik. Nach dem gescheiterten Versuch der Anfang 2015 gewählten griechischen Regierung, die von der Troika auferlegte Austeritätspolitik zu beenden, erschien unverhofft eine neue Konstellation in Portugal, die unter günstigeren Konditionen dieses Projekt versuchen kann.
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CETA – Wie geht es weiter?
Das Europäische Parlament hat dem Freihandelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) nach heftigen öffentlichen und parlamentarischen Auseinandersetzungen am 16.02.2017 seinen Segen gegeben. 408 Abgeordnete stimmten dafür, 254 dagegen und 33 enthielten sich. Die Fraktionen der Konservativen und der Liberalen stimmten geschlossen dafür, die Linksfraktion geschlossen dagegen. Die Grünen votierten bei einer Enthaltung, die von der ehemaligen Fraktionssprecherin Rebecca Harms kam, dagegen. Aus der S&D-Fraktion stimmten 96 mit ja, 66 mit nein, 13 enthielten sich und 13 nahmen an der Abstimmung nicht teil. In der Gruppe der deutschen Sozialdemokraten votierten 16 dafür, fünf dagegen und drei enthielten sich. Drei nahmen nicht an der Abstimmung teil.
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Neue Abgasnormen und Antriebstechnologien als Chance nutzen – die IG Metall im automobilen Strukturwandel
Für die IG Metall steht vieles auf dem Spiel! Denn die Automobilindustrie, die mit über einer halben Million Mitglieder und traditionell hoher tarifpolitischer Durchsetzungskraft eine Schlüsselbranche in ihrem Organisationsbereich darstellt, unterliegt der wohl größten Transformation ihrer Geschichte. Die GM-Chefin, Mary Barra, hat den extremen Veränderungsdruck mit der einprägsamen Formel, dass sich die Automobilindustrie in den nächsten fünf Jahren stärker verändern wird als in den 50 Jahren zuvor, treffend auf den Punkt gebracht. Selbst wenn die Megatrends der Branche, Elektromobilität und Digitalisierung, evolutionär statt disruptiv die Bühne erobern sollten und die Branche nicht schon in fünf, sondern erst in zehn oder fünfzehn Jahren ihr neues Gesicht zeigt, sind sich Betriebsräte, Vertrauensleute und hauptamtliche Gewerkschafter aus der Automobilindustrie der Dringlichkeit des Handelns voll und ganz bewusst: Ab sofort steht die Transformation der Branche weit oben auf der Tagesordnung. Und die über 800.000 Beschäftigten in der deutschen Automobil- und Zuliefererindustrie dürfen keineswegs als Verlierer des bevorstehenden Wandels dastehen. Für die IG Metall gilt es daher, in den kommenden Jahren entschlossen, konfliktfähig und mit voller strategischer Kraft für die Beschäftigten der Automobilindustrie eine langfristig sichere Perspektive durchzusetzen.
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Mobilität reloaded
Die Geschichte des Aufstiegs und Wachstums der Automobilbranche in Deutschland ist weltweit ein Mythos. Heute steht die Branche wohl vor ihrer größten Herausforderung. Es geht um die Neuerfindung von Mobilität. Auf der Grundlage alter Stärken. Und unter Hinzuziehung neuer Möglichkeiten. Daran hängen in Deutschland viele gut bezahlte Arbeitsplätze für qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Den Strukturwandel in der Automobilindustrie im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und ihrer Familien zu begleiten, ist eine sozialdemokratische Gestaltungsaufgabe.
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Nachhaltige Transformation statt soziale Disruption
Die deutsche Industrie steht unter einem enormen Handlungs- und Wandlungsdruck. Globaler Wettbewerb und technologischer Wandel zwingen die Unternehmen, ihre Effizienz zu steigern und Prozesse zu optimieren. Unter dem Stichwort Digitalisierung erleben wir gegenwärtig einen technologisch getriebenen Stresstest für viele Branchen. Es gibt aber auch Handlungsdruck jenseits des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs. Politisch induzierter Wandel fordert einige Branchen bisweilen härter heraus – auch weil er anderen Gesetzmäßigkeiten folgt.
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Die unvollendete Moderne – Perspektiven der Gesundheits- und Sozialwirtschaft im Transformationsprozess
Gesellschafts-, Wirtschafts- und Beschäftigungsstrukturen in Deutschland befinden sich im Transformationsprozess. Eine der bedeutendsten Entwicklungen ist, dass Gesundheit als Bezugspunkt für Menschen in ihrem Alltag, in der Arbeitswelt aber auch für das Innovations- und Investitionsgeschehen der Wirtschaft insgesamt an Bedeutung gewinnt. Der Bedarf an gesellschaftlich notwendigen Dienstleistungen, insbesondere in den Feldern Gesundheit, Pflege, Betreuung, Bildung, Erziehung und Soziales steigt. Angesichts der Diagnose von der „Abstiegsgesellschaft“ (Nachtwey 2016) ist ein leistungsfähiges Gesundheits- und Sozialwesen kein sozialpolitischer Luxus, sondern Voraussetzung für gesellschaftlichen Zusammenhalt und ökonomische Wettbewerbsfähigkeit.
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Kreativwirtschaft – Arbeit 4.0 oder hochqualifiziertes Prekariat?
Stellen wir uns einmal vor, wir säßen mit einem spritzigen Getränk in einem Straßencafé einer europäischen Großstadt, irgendwo zwischen Gentrifizierung und orientalischem Streetfood. Wir kennen uns nicht sehr gut. Man unterhält sich über dies und das und schließlich kommt die Frage, um die es, seien wir ehrlich, doch eigentlich geht: „Und, was machst Du so?“ Stellen wir uns verschiedene Antworten vor: aus der Immobilien- oder Versicherungsbranche, aus dem Bank- oder Erziehungswesen, der Pharmaindustrie oder allen Facetten des Einzelhandels. Und da ist eine vom Film.
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Entwicklungen im Bankgewerbe und auf den Finanzmärkten vor und nach der Finanzmarktkrise
Seit Ende der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts wechselten die Managementstrategien auch der Banken von der Wachstums- hin zur Renditeorientierung. Die Banken konzentrierten sich auf interne Umstrukturierungen und zunehmend auf Fusionen. 1998 erfolgte die erste Großfusion im privaten Bankgewerbe zwischen der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank und der Bayerischen Vereinsbank zur HVB (Hypotheken- und Vereinsbank). 2001 wurde die Dresdner Bank vom Allianz-Konzern mit der Vision aufgekauft, einen schlagkräftigen Allfinanzkonzern zu schmieden, was sich renditebezogen allerdings nicht umsetzen ließ.
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Vom „Handel ist Wandel“ hin zur Kannibalisierung im Einzelhandel
Mit dem zunehmendem Online-Handel, den Digitalisierungsprozessen, bei denen die RFID-Technologie (RFID = radio-frequency, d.h. Sender-Empfängersysteme anhand von Radiowellen) eine zentrale Bedeutung hat, neuen und anderen Handelsformaten wie „fast fashion”, „soft discount” oder selbstständigen Kaufleuten (beispielsweise bei Edeka und Rewe), welche ohne Tarifbindung und Betriebsräte arbeiten, rund 900.000 Beschäftigten als Minijobber im Handel etc., verändert sich der deutsche Einzelhandel enorm und damit verändern sich auch die Anforderungen sowohl an die Beschäftigten als auch an die tarifvertraglichen Regelungen.
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Hart am Wind – Krisenursachen und Krisenlösungsstrategien in der Reedereiwirtschaft in Deutschland
Die Reedereiwirtschaft ist mit 364 Unternehmen und 3015 Schiffen (Stand Ende 2015) der wichtigste Treiber der Maritimen Wirtschaft in Deutschland. Sie spielt als zentrales Glied logistischer Ketten für die interregionalen und interkontinentalen Transportvorgänge eine herausragende Rolle und ist damit ein wichtiger Bestandteil des Welthandels. In diesem Zusammenhang übernimmt sie auch eine Schlüsselfunktion in der maritimen Wertschöpfungskette. Im Zuge der zunehmenden Globalisierung der zurückliegenden Jahrzehnte und der damit verbundenen Dynamik des weltweiten Handels von Gütern hat die Seeverkehrswirtschaft seit der Erfindung des Containers im Jahre 1956 einen enormen Bedeutungsgewinn erfahren. Rund 95 Prozent des Welthandels werden heute über den Seeweg abgewickelt.
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Das neue Dortmund – über Wahrnehmung und Strukturwandel
Ich möchte diesem Artikel eine wichtige Erkenntnis der neueren politischen Wissenschaften vorwegschicken: „So wenig uns dies im Alltag auch bewusst sein mag: wir alle denken und handeln tatsächlich nach Worten. Die Sprache, wie wir hören oder lesen, aktiviert Frames in unseren Köpfen. Teil dieser Frames ist immer auch die kognitive Simulation von Dingen, die wir in der Regel überhaupt nicht als Teil von Sprache einstufen – Bewegungen, Geräusche, Gerüche, Emotionen, Bilder und vieles mehr. Weil jedes Wort einen Frame aktiviert, kommuniziert man mit jedem Wort eine ganze Fülle von Ideen, die aufgrund unserer Welterfahrung mit diesem Wort in Zusammenhang stehen. Frames nehmen einen erheblichen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und sie können sich stark darauf auswirken, mit welcher Leichtigkeit wir Fakten und Informationen wahrnehmen.
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Weil in uns die Hoffnungen gesetzt werden – Die europäischen Mitte-Links-Parteien und ihre Perspektiven zur Halbzeit der europäischen Legislaturperiode
Wenn die europäischen BürgerInnen das nächste Mal in die Wahllokale gehen, um über die Zusammensetzung des Europäischen Parlamentes abzustimmen, wird die Tradition der direkten Wahlen 40 Jahre alt sein. Das anstehende Jubiläum ruft viele Erinnerungen daran wach, wie alles begann, aber vor allem für die progressiven Kräfte Europas sollte es auch als Mahnung dienen, dass das europäische Projekt und infolgedessen die europäische Demokratie kontinuierlicher Anstrengungen bedürfen, um sie, schlicht gesagt, am Leben zu erhalten.
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Uben, Onten, Lechts und Rinks – Zur politischen Topographie des Populismus
Die Ausrufung von Martin Schulz zum SPD-Kanzlerkandidaten hat die politische Stimmungslage der Republikstärker beeinflusst als wichtige Personalentscheidungen oder Parteitage es gemeinhin tun. Euphorisierte Sozialdemokraten sehen ihre Partei nach einem reichlich lethargischen Jahrzehnt im langersehnten bundespolitischen Aufschwung. Sie hoffen darauf, endlich wieder „auf Augenhöhe“ mit der Union spielen zu können, statt nur Aschenbrödel in der großen Koalition zu sein. Der emotionale Höhenflug der Sozialdemokraten spiegelt sich im Stimmungsabfall der Union. Vor allem der Kampagnenpolitik einer endgültig im populistischen Lager angekommenen CSU ist es gelungen, die einst als „unschlagbar“ gehandelte Kanzlerin politisch zu beschädigen.
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