Ausgabe: spw 217

Religion und Identität

Einleitung zum Heftschwerpunkt

Auch im vergleichsweise säkularen Europa wird die öffentliche Rolle von Religion verhandelt und um Fragen religiöser Identitäten und deren (vermeintliche) Gegensätze zunehmend kontrovers debattiert. Im Mittelpunkt steht dabei oft die Diskussion über die Zugehörigkeit des Islam zu Europa, und die Frage, ob „der Islam“ denn überhaupt mit einer westlich-demokratischen Gesellschaftsordnung vereinbar sei. Dass es „den Islam“ nicht gibt, sondern immer nur konkrete Auslegungen und Anwendungen in der täglichen Glaubenspraxis wird dabei genauso verdrängt wie die Tatsache, dass aktuelle religiös konnotierte Konfliktlinien in Europa bei weitem nicht nur durch muslimische Glaubensvorstellungen entstehen: Die christlich-konservativen Demonstrationen gegen die Homoehe, Gender-Theorien und -politiken in Frankreich, die durch die nationalreligiöse Regierung betriebene Verschärfung des Abtreibungsrechts in Polen, die durch die AfD angeheizten Initiativen gegen Moscheebauten oder Debatten um Burka-Verbote u.a. in den Niederlanden sind dafür einige besonders augenfällige Beispiele.

Artikel

Inhalt Heft 217

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Einleitung zum Schwerpunkt: Religion und Identität

von Thilo Scholle, Stefan Stache

Kurzum

von Felix Welti

Es leben zu viele Demokraten in Kalifornien

von Sebastian Langer

Das Schlimmste ist nicht, dass Hillary verloren hat. Das Schlimmste ist, dass Trump gewonnen hat. So könnte die Stimmung in Cambridge, Massachusetts zusammengefasst werden. Doch wie konnte es zu einem Wahlsieg Trumps kommen? Und welche Konsequenzen sollten progressive Kräfte – in den USA und in Deutschland – daraus ziehen?
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Debatte: Weil eben nicht egal ist, wer regiert

von Gesine Agena

Was vor einem Jahr noch unwahrscheinliche Schreckensszenarien waren, sind heute reale Probleme, mit denen wir umgehen müssen. Donald Trump ist neuer Präsident der USA, der Brexit wurde in einem Volkentscheid durchgesetzt und die AfD legte in den letzten Landtagswahlen stetig zu. Auch wenn man meinen müsste, es könne nicht noch schlimmer kommen, es stehen weitere Wahlen in unseren EU-Nachbarländern an: In Frankreich hat die fremdenfeindliche Nationalistin Le Pen Aussichten, als zukünftige Präsidentin die Republik zu führen und in den Niederlanden könnte der Islamhasser Wilders mit seiner Ein-Mann-Partei PVV stärkste Kraft im Land werden. Und auch in Deutschland wird gewählt, wo sich ebenfalls eine starke neue Rechte Schritt für Schritt etabliert. mehr

„Kopf, Bauch – und Herz!“ Über Erneuerungen und Visionen in der SPD

von Leni Breymaier

12,7 Prozent. Das war ein ganz bitteres Ergebnis der SPD bei der Landtagswahl am 13. März in Baden-Württemberg. Sicher, vieles war damals dem Kretschmann-Hype und der Flüchtlingsthematik geschuldet. Aber natürlich hatten und haben wir tiefgreifende, hausgemachte Probleme in der Partei im Land – und nicht nur hier. In einem breit angelegten Beteiligungsprozess wurden deshalb im letzten halben Jahr Ideen für die Erneuerung der SPD gesammelt, um in Zukunft erfolgreicher zu sein. mehr

Debatte: Zusammen stark für eine gerechte Arbeitswelt der Zukunft – Das Weißbuch Arbeiten 4.0

von Thorben Albrecht

Mit der Vorlage eines Entwurfes für das Weißbuch „Arbeiten 4.0“ schließt das BMAS einen achtzehn­monatigen Dialogprozess über den Wandel der Arbeitswelt ab, den Bundesministerin Andrea Nahles im April 2015 mit der Vorlage eines Grünbuchs begonnen hatte.
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Debatte: Mehr selbstbestimmte Zeiten für alle – Anmerkungen zum Weißbuch Arbeit 4.0

von Roman Zitzelsberger

Die IG Metall hat sich mit der Arbeitszeitkampagne aufgemacht, Arbeit neu zu denken. Ausgangspunkt sind die vielfältigen Ansprüche der Beschäftigten. Wie beim inspirierenden Weißbuch Arbeit 4.0 wollen wir damit unseren Beitrag zu einem neuen gesellschaftlichen Flexibilitätskompromiss leisten. Klar ist: Ein Abbau der Schutzrechte kommt für uns nicht in Frage. Neu denken heißt für uns, Schutzrechte auf Höhe der Zeit fortzuentwickeln und auszubauen, damit der Mensch und seine Gesundheit nicht unter die Räder geraten. mehr

Identitätsbildung junger Musliminnen und Muslime in Deutschland

von Armina Omerika

In den letzten Jahren wurde die Beschäftigung mit dem Islam und mit islamischer Theologie an einigen Universitäten in Deutschland ausgebaut. In diesem Kontext ist auch das „Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam“ an der Universität Frankfurt am Main entstanden. Leitbild des Instituts ist es, islamische Theologie als Wissenschaft zu betreiben. Forschung wird zudem u.a. auch zu Fragen der gesellschaftlichen Situation von Musliminnen und Muslimen in Deutschland betrieben. Dazu sprach Thilo Scholle von der spw-Redaktion mit Armina Omerika, Juniorprofessorin am Institut.
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Muslime zwischen Alltag, Religion und Politik – Zur Gülen-Bewegung in Deutschland

von Heiko Geiling

Jeder aus vermeintlich religiösen Gründen verübte Terroranschlag in der Welt trägt gegenwärtig offenbar dazu bei, insbesondere in Deutschland ohnehin schon existierende antimuslimische Ressentiments politisch zu funktionalisieren und somit hysterisierend zu verstärken. Sich in der alltäglichen Öffentlichkeit als praktizierende Muslim zu outen, stellt mittlerweile in einigen Regionen des Landes ein zu kalkulierendes Risiko für Leib und Leben dar. Diese Vergiftung unseres Alltags wie auch unserer politischen Kultur ist über lange Jahre vorbereitet worden. Zu Beginn dieser Entwicklung wurde von konservativer Seite entgegen jeder Realität abgestritten, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Anschließend wurde muslimischen Zuwanderern und ihren Nachkommen das Etikett ‚nicht integrationsfähig‘ aufgeklebt. Heute begegnen ihnen, insbesondere auch angesichts der in den letzten Monaten zugewanderten muslimischen Flüchtlinge, nicht wenige Menschen mit Unsicherheit und Ängsten. mehr

Ablehnungskultur: Die Figuren der Anderen

von Manuela Bojadžijev

„Für eine demokratische Polarisierung“ist ein jüngst vielzitiertes Interview mit dem Philosophen Jürgen Habermas in der Zeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik“ (2016) überschrieben. Wie der Titel anzeigt, existieren aktuell nicht nur unterschiedliche Begriffe von Polarisierung in der Debatte, die sich mit sehr verschiedenen Politiken verbinden. Es artikulieren sich auch deutliche Positionierungen, wie die hier von Habermas für eine demokratische Polarisierung. Daneben wird behauptet, dass nach einer langen Zeit des technokratischen und entpolitisierten Klimas (was dem Regierungsstil Merkels zugeschrieben wird) durch die Flüchtlingsbewegung im Sommer 2015 sowohl Politisierung als auch Polarisierung in die Politik zurückgekehrt seien. Das wird wiederum der rechtspopulistischen Partei Alternative für Deutschland zugeschrieben. Es liegen also verschiedenen Politiken der Polarisierung vor. Diese sind keineswegs neutral. Eine der zentralen Fragen lautet vielmehr, welche Art der Polarisierung wir wollen. mehr

Identitäten statt Klassenkampf? Über die Ambivalenzen der Identitätspolitik

von Thilo Scholle

Fragen nach individuellen und vor allem kollektiven Identitäten, nach den Bedingungen ihrer Entwicklung und ihren gesellschaftlichen und politischen Implikationen nehmen eine zunehmend größere Rolle in politischen Analysen und Debatten ein – und dies nicht erst seit dem Aufstieg der AfD in Deutschland oder dem Wahlsieg von Donald Trump in den USA. Bemerkenswert ist dabei nicht nur, dass oft völlig unklar bleibt, was mit „Identität“ eigentlich gemeint ist. Wie entwickeln sich Identitäten, welches Zusammenspiel aus gesellschaftlichen und individuellen Faktoren ist hier am Werk? Darüber hinaus: Wie abgeschlossen sind Identitäten und Identitätsbildungsprozesse eigentlich? Und lassen sich in ein und derselben Person nicht auch unterschiedliche „Identitäten“ verbinden? Ist das nicht vielleicht sogar die Regel, und wenn ja, wie lässt sich herausfinden, welche dieser Identitäten für die gesellschaftliche Selbstverortung eines Menschen entscheidend ist? Bei allen unterschiedlichen Ansätzen in der Debatte erscheint zumindest klar, dass es in erster Linie um diejenigen Bestandteile einer persönlichen Identität zu gehen scheint, die für die politische Ansprache mobilisierbar sind.

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Rezension: „Der Geist geistloser Zustände“ – Religionskritik und Gesellschaftstheorie

von Thilo Scholle

Stichwort Wirtschaftspolitik : Wirtschaftsweise oder Ideologen? Der Sachverständigenrat und die Krise der Ökonomik

von Arne Heise

Die aktuelle Zahl: 1,4 Prozent

von Michael Reschke

Angst ist kein guter Ratgeber – Migration und Sozialdemokratie

von Nurten Yılmaz

Europa zieht die Mauern hoch – an den Außengrenzen und an den Binnengrenzen. Diese Mauern stehen symbolisch für das Abgrenzungsdenken vieler Menschen. Es ist gespeist aus Ängsten, Enttäuschungen und rechtsdemagogischen Bewegungen. Wie halten es sozialdemokratische Parteien in dieser Gemengelage mit der Zuwanderungs- und Integrationspolitik? Eine Einschätzung aus Österreich. mehr

Vorwärts zur Theoriediskussion! Antworten auf Benjamin Mikfeld und Timo Grunden in spw 215

von Horst Heimann

Rezension: Otto Neurath – Eine politische Biographie

von Thilo Scholle

DL 21 Aktuell: Wir brauchen überzeugende Alternativen

von Hilde Mattheis

Veranstaltungsbericht von der DL21/spw-Herbsttagung 2016