Ausgabe: spw 213

Behinderung und Inklusion

Einleitung zum Heftschwerpunkt

Für manche ist Behindertenpolitik noch eine besondere Unterkategorie der Sozial- und Gesundheitspolitik, ein Feld mit spezifischen Institutionen, Berufen, Gesetzen und Wissenschaftsdisziplinen, in dem Wohlfahrtsverbände und Fürsorgebehörden den Ton angeben. Doch seit einigen Jahrzehnten ist immer schwerer zu übersehen, dass gesellschaftliche Gestaltung für Menschen mit Behinderungen und durch sie zu einem zentralen Feld der Auseinandersetzungen um Demokratie und Menschenrechte geworden ist. Forderungen nach mehr demokratischer Partizipation und gesellschaftlicher Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sind Teil eines umfassenden  gesellschaftlichen Modernisierungsprozesses, in dem das Bedürfnis nach Autonomie und mehr demokratischen Teilhabemöglichkeiten vor allem in der modernen Arbeitnehmermitte gewachsen ist. 

Artikel

Inhalt Heft 213

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Einleitung zum Schwerpunkt: Behinderung und Inklusion

von Stefan Stache, Felix Welti

Kurzum

von Felix Welti

Debatte: „Paint it black, you devil“ – Eine politische Terrainvermessung nach den Landtagswahlen im März

von Peter Reif-Spirek

Debatte: Lehren aus dem AfD-Wahlerfolg und Konsequenzen für solidarische Politik

von Kai Burmeister

Die Flüchtlingsfrage hat die Landtagswahl im Südwesten bestimmt. Auch wenn der populäre Ministerpräsident Kretschmann erheblich zulegen konnte, ist die AfD mit 15 Prozent in den Landtag eingezogen. Den Rechtspopulisten ist es gelungen, mit Stimmungsmache gegen Flüchtlinge und gegen die „Politik da oben“ zur drittstärksten Partei zu werden.
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Teilhabe ist keine Verhandlungssache

von Verena Bentele

Wenn wir heute über Inklusion sprechen, so sehen wir alle einen kleinen Film vor dem inneren Auge, eine Schlagzeile, die auf unserer Netzhaut blinkt oder wir glauben zu hören, wie jemand laut und eindringlich die Wahrung seiner Rechte als Bürger dieses Landes einfordert. Dennoch ist für viele Menschen das Wort sehr abstrakt und weit weg von der eigenen Lebensrealität. Die Stufe vor dem Bäcker behindert den unbekannten Mann im Rollstuhl, es ist die unbekannte blinde Frau auf dem Bahnhof, die nicht sieht, dass ihr der Zug wegen einer Gleisänderung vor der Nase wegfährt. mehr

Teilhabe behinderter Menschen in der Arbeitswelt als soziales und betriebliches Thema

von Nils Bolwig, Henning Groskreutz

Ein Auszubildender mit einer Hörbehinderung, der auf Gebärdendolmetschung angewiesen ist, bekommt zwar im Betrieb die erforderliche Unterstützung, für den Berufsschulunterricht jedoch kann – trotz entgegenstehender Rechtslage – keine Dolmetschung ausreichend finanziert werden. Das Ausbildungsverhältnis muss wieder aufgelöst werden. Derartige Fälle ereignen sich leider und selbst wenn es gelingt, eine Lösung für die Schule zu finden, kommt es vor, dass gehörlose Azubis nicht inklusiv in der allgemeinen Berufsschule unterrichtet werden, sondern nur auf speziellen Förderschulen. Dadurch sind sie von ihrem betrieblichen Ausbildungsjahrgang isoliert und es kommt zu Störungen im Ausbildungsablauf.  mehr

Inklusionspolitik in Ländern und Kommunen

von Joachim Steinbrück

Im Dezember 2008 haben Bundesrat und Bundestag das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ (Behindertenrechtskonvention – UN-BRK) ratifiziert. Im März 2009 ist die Konvention in Deutschland in Kraft getreten. Sie basiert auf den zentralen Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen und konkretisiert die dort verankerten Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen. Damit hat der Begriff der Inklusion in der gesellschafts- und behindertenpolitischen Debatte auch in Deutschland an Bedeutung gewonnen.  mehr

Inklusive Bildung in Deutschland – Ein Stückwerk

von Bertram Sauer

Nach Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) 2009 haben die Bemühungen um die Einbeziehung von Menschen mit Behinderung in das allgemeine Bildungswesen einen neuen Schub bekommen. Insbesondere Artikel 24 schließt Diskriminierung aufgrund von Behinderung beim Zugang zum und der Teilhabe im allgemeinen Bildungswesen aus. Diese völkerrechtlich verbindliche Norm unterliegt in Deutschland einer Reihe materieller, ideologischer, schulorganisatorischer und alltagspraktisch hemmenden Faktoren. Sowohl sozialstrukturelle als auch institutionelle Schranken in der Pädagogik und dem Schulsystem engen inklusive Bemühungen um die Bildung von Menschen mit Behinderung ein.
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Partizipation als Herausforderung an die Politik

von Karl Finke

„Nichts über uns ohne uns“ wurde bereits 2003 im europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen gefordert und noch heute ist diese Forderung brandaktuell. Partizipation ist eines der zentralen Elemente der aktuellen UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). 35 Mal ist der Begriff darin in unterschiedlichen Kontexten enthalten. Die UN-BRK sieht in mehreren Passagen die unmittelbare Teilhabe behinderter Menschen selbst vor, also nicht die Vertretung durch nichtbehinderte Funktionäre. So wird dem Gedanken der behinderten Menschen als Expertinnen und Experten in eigener Sache Rechnung getragen. mehr

„Gesundheit, Rehabilitation und Teilhabe: bald ein Luxusgut für Wenige?“

von Bettina Schulze

Die Nachfrage nach Gesundheits-, Rehabilitations- und Teilhabeleistungen wird in den nächsten Jahren stark ansteigen. Das Wachstumspotential des Gesundheitssektors ist enorm. Die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Effekte dieses Wachstums werden aber nur positiv sein, wenn die Arbeitsbedingungen in der Gesundheitswirtschaft deutlich verbessert werden, Gesundheitsleistungen in Zukunft gerecht finanziert werden und der Zugang für alle Bevölkerungsgruppen sichergestellt wird. Die SPD muss sich in diesem Bereich dringend besser aufstellen. mehr

Inklusion ist ein Menschenrecht

von Horst Frehe

Mit der Verabschiedung des „Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen – Behindertenrechtskonvention (UN-BRK)“ der Vereinten Nationen 2006 und ihrem Inkrafttreten nach Ratifizierung durch den Bundestag und Bundesrat 2009 hat die Diskussion um Inklusion neuen Schwung und eine neue Qualität gewonnen. Die UN-BRK ist damit für den Bund und die Länder zu einem verbindlichen Bundesgesetz geworden, das hinsichtlich der Diskriminierungsvorschriften unmittelbar anzuwenden ist und im Übrigen die Rechtsetzung und Rechtsprechung über das Benachteiligungsverbot Behinderter im Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) bindet. Dabei beschränkt sich die Debatte nicht nur auf eine inklusive Erziehung und Bildung. Es geht längst um die inklusive Gestaltung der gesamten Gesellschaft und ihrer sozialen Infrastruktur.
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Utopie, gesellschaftliches Ziel, oder einfach ein guter Gedanke? Inklusion in den Medien

von Gesa Rünker

Im Folgenden beschreibe ich Tendenzen bei der Berichterstattung über Behinderte und Inklusion, so, wie ich sie seit drei Jahrzehnten beobachte. Dabei spreche ich, etwas verkürzend, von „den Medien“, und ich bin mir darüber im Klaren, dass es immer auch Ausnahmen geben mag. Die positiven Ausnahmen sind nur leider noch viel zu selten.
Medienmacher sind meistens nicht behindert – und sie wissen wenig über Behinderte. Sie wollen auch gar nicht unbedingt mehr erfahren, Behindertenpolitik ist kein aktuelles Pflichtfeld für Journalisten.
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Stichwort Wirtschaftspolitik: Grexit, Brexit, Swexit – Euroaustritt als wirtschaftspolitischer Plan B?

von Arne Heise

Die aktuelle Zahl: 14. Platzierung

von Michael Reschke

Wo, bitte, geht´s hier zu den Wählern? Zur „produktiven Diskussion“ über „Politik und Strategie“ in spw und SPD

von Horst Heimann

Wie kann die SPD wieder mehr Wähler gewinnen, über 25 Prozent hinaus sich der 30 Prozent-Marke annähern oder sie sogar überschreiten, wie erstmals 1903? Um diese Frage ging es – nach dem Absturz auf 23 Prozent 2009 – im Wahlprogramm 2013, bei vielen Stellungnahmen führender Sozialdemokraten nach den enttäuschenden 25,7 Prozent 2013, bei der Wahl von Beratern für den Vorsitzenden, und – besonders aufwändig –  beim Impulspapier „Starke Ideen für Deutschland 2025, das im Sommer 2015 vom Parteipräsidium veröffentlicht wurde.
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Regressiver Stolz und das Verstummen der Politik – Zum sozialen Identitätsangebot von PEGIDA, AfD und Co.

von Matthias Ecke

Nach über einem Jahr beklemmender Erfahrungen mit dem Anwachsen völkischen Bewegungen in Deutschland und Wahlerfolgen der nationalistischen AfD blickt die politische Linke immer noch erstaunt auf das Treiben in Dresden und anderswo. Die sogenannten „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ haben die politische Diskussion vor allem in Dresden und anderen Teilen Sachsens spürbar und nachhaltig verändert. Zudem haben die jüngsten Wahlerfolge der AfD noch einmal gezeigt, dass ein mit Ressentiments geladener, völkischer Populismus bundesweit mobilisierungsfähig ist. mehr

Perspektiven kapitalistischen Wachstums – Ein Kommentar zu Ulrich Brand

von Michael Dauderstädt

In seinem Beitrag stellt Ulrich Brand zwei kapitalismuskritische Alternativkonzepte vor: „DeGrowth“ und „Postextraktivismus“. Während das erste eher ein Konzept für den globalen Norden (man denkt an „Überflussgesellschaften“) ist, bezieht sich das zweite mehr auf den globalen Süden und dort wiederum vor allem auf die Rohstoff exportierenden Länder. Beide Konzepte werden im Folgenden kritisch beleuchtet, um abschließend einige fundamentalere Fragen kapitalistischen Wachstums aufzuwerfen. mehr

Rezension: Lucio Magri – Der Schneider von Ulm

von Thilo Scholle

DL 21 Aktuell: Mehr Sozialdemokratie wagen!

von Hilde Mattheis