Ausgabe: spw 202

Zerfällt die EU? – Europa zwischen Demokratisierung und Krise

Einleitung zum Heftschwerpunkt

Die Europawahlen am 25. Mai 2014 haben das erwartete Signal aus vielen Ländern Europas an die etablierten politischen Kräfte ausgesandt: „So kann es nicht weitergehen“. Zwar dominieren im neuen Europaparlament weiterhin die europafreundlichen Fraktionen. Die erdrutschartigen Siege der United Kingdom Independence Party (UKIP) in Großbritannien oder der Front National (FN) in Frankreich zeigen jedoch, wie groß das Misstrauen vieler Wählerinnen und Wähler gegenüber der derzeitigen europäischen Politik als Antwort auf die Krise ist.

Artikel

Inhalt Heft 202

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Einleitung zum Schwerpunkt: Zerfällt die EU? – Europa zwischen Demokratisierung und Krise

von Frederike Boll, Ole Erdmann, Estelle Goeger, Sarah Ryglewski

Kurzum

von Cordula Drautz

Überflüssig, schädlich und unkontrollierbar

von Werner Koep-Kerstin

Am 13. Mai 2014 wurde es amtlich: Nahezu 40 Prozent aller beim niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz gespeicherten Personen waren rechtswidrig gespeichert. Zu diesem desaströsen Urteil kam eine eigens vom Innenminister eingesetzte Task-Force, die seit Herbst vergangenen Jahres über 9.000 Personenakten überprüft hatte. In den Akten fanden sich zahlreiche Minderjährige, einfache Moschee-Besucher oder Menschen, die sich an politischen Protestaktionen beteiligt hatten und daraufhin als Linksextremisten eingestuft worden waren. Alle rechtswidrig gespeicherten Daten müssen nun gelöscht werden. Für die Betroffenen ist das ein zwiespältiges Ergebnis: einerseits zu wissen, dass man (womöglich jahrelang) rechtswidrig beim Geheimdienst erfasst war; andererseits der Trost, dass dies wenigstens jetzt als Fehler erkannt wird und der eigene Name aus den Registern des Verfassungsschutzes verschwindet.  mehr

Steuerpolitik – Die Auseinandersetzung führen!

von Carsten Sieling

Kurt Schumacher hat in Anlehnung an Ferdinand Lassalle einmal gesagt, dass Politik mit dem Betrachten der Wirklichkeit beginnt. Ob in einer Schule die Fassade bröckelt, lässt sich leicht feststellen. Genauso ob ein bayerisches Dorf an das Breitband-Internet angeschlossen ist.  mehr

Debatte: EEG-Umlage – Welche Ausnahmen sind nötig?

von Hubert Weiger

Debatte: EEG-Umlage – Welche Ausnahmen sind nötig?

von Stefan Körzell

Zukunftslaboratorium statt Reparaturwerkstatt

von Betram Sauer

Menetekel für die Volksparteien?

von Gerd Mielke

Die Kommentatoren waren sich auch diesmal einig: Ergebnisse von Europawahlen sind nicht einfach zu interpretieren – vor allem wenn man nicht besonders gut abgeschnitten hat. Auf der einen Seite fließen Faktoren in sie ein, die in dieser Kombination bei keiner anderen Wahl auf Bundes-, Landes- oder kommunaler Ebene wirksam werden und die Europawahlen zu einer „Second-Order-Election“ ganz besonderer Art machen. Die seit der ersten Europawahl 1979 immer wieder geäußerte Einschätzung, die Arbeit des Europaparlaments sei weniger wichtig als die Arbeit des Bundestags, eines Landes- oder auch Gemeindeparlaments, hat sich 2014 zwar leicht abgeschwächt, aber mit Europawahlen ist noch immer eine deutlich niedrigere Wahlbeteiligung  als bei Bundestags- oder Landtagswahlen verbunden. mehr

Nicht-normiert und isoliert: Soziale Proteste in der Krise

von Steffen Liebig, Stefan Schmalz, Nico Weinmann

Dass die Finanz- und Wirtschaftskrise ab dem Jahr 2008 auch das gesellschaftliche und politische Gefüge Europas ins Wanken gebracht hat, ist nicht erst seit der jüngsten Europawahl bekannt. Dem vermeintlichen Protest an der Wahlurne ging eine Welle sozialer Auseinandersetzungen auf der Straße voran (z.B.: Gallas/Nowak 2012; Schmalz/Weinmann 2013, Bieling et al. 2014). In Südeuropa fanden Generalstreiks und Massendemonstrationen statt. Neue soziale Bewegungen wie die transnationale Occupy-Bewegung und die spanische Indignados entstanden, im Jahre 2011 erschütterten Unruhen viele Städte Englands und zwei Jahre später auch die schwedische Hauptstadt Stockholm. mehr

Sozialdemokratische Alternativen zur neoliberalen Austeritätspolitik

von Joachim Schuster

Die Ausgangslage ist alles andere als rosig. In vielen europäischen Staaten ist die durch den Zusammenbruch der Banken und Finanzmärkte 2008/09 verursachte Krise nicht überwunden. Das Wirtschaftswachstum in der Eurozone ist schwach, einige Staaten durchleben tiefe Krisenprozesse. Das Bruttoinlandsprodukt ist in mehreren Staaten erheblich geschrumpft. Die soziale Spaltung nimmt zu. Die Arbeitslosigkeit und insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit erreichen zum Teil völlig inakzeptable Rekordhöhen. In 20 der 28 Mitgliedstaaten der EU liegt die Jugendarbeitslosigkeit über 20 Prozent, in Griechenland und Spanien sogar über 50 Prozent. Einem erheblichen Teil der jungen Generation wird damit die Teilhabe an der Gesellschaft verweigert, mit weitreichenden Auswirkungen auf deren weitere Lebensperspektive.
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Zunehmende Spaltung oder Solidarität? Regionen und Kommunen in der EU

von Michèle Knodt

Die Fragen nach dem wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der Europäischen Union (EU) und gleichzeitig nach den Tendenzen der Dezentralisierung und eventuell Desintegration stehen seit vielen Jahren im Mittelpunkt vieler Diskussionen um die Zukunft Europas. Gerade die Europawahlen 2014 mit dem Erstarken europafeindlicher Parteien wie auch die regional unterschiedlichen Auswirkungen der schlimmsten Rezession der letzten fünfzig Jahre haben die EU auf eine harte Probe gestellt. Gibt es trotz dieser Tendenzen Ansätze für einen stärker solidarischen territorialen Zusammenhalt? mehr

Großbritannien nach der Europa-Wahl: Abkehr von Europa, Abkehr vom Vereinigten Königreich?

von Ed Turner

Die britische Politik wird gerade jetzt aufmerksam von anderen europäischen Ländern verfolgt. Die britischen Wähler/innen schicken den Rechtspopulisten Nigel Farage wieder nach Brüssel. Er gilt als unterhaltsamer und charismatischer Redner, sein Markenzeichen ist das Pint Beer in der Hand. Die britischen Parteien zeigen sich derzeit oft skeptisch gegenüber der EU: seien es Labour-Vertreter, die alles andere als Begeisterung bei der Aufstellung des Spitzenkandidaten Martin Schulz zeigten, oder die Tories, die eine Volksabstimmung über den Europa-Austritt im Jahr 2017 im Falle eines Wahlsieges im Jahr 2015 angekündigt haben und in der Zwischenzeit so tun, als wären sie wirklich lieber schon draußen. Zu dem schwierigen Verhältnis zu Europa kommt derzeit noch die brisante innenpolitische Situation mit dem möglichen Austritt von Schottland aus dem Vereinigten Königreich hinzu. Die Schotten stimmen in einer Volksabstimmung im September 2014 ab, der Ausgang wird derzeit laut Umfragen immer knapper.
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Portugal: Wahlen unter Dauerkrise und Spardiktat

von Ismail Küpeli

Die gegenwärtige politische und ökonomische Krise in Portugal ist das Ergebnis von Entwicklungen, die sich seit Mitte der 1990er Jahre verfolgen lassen. Zwischen 1996 und 2000 war das Land in einer Wachstumsphase, in der das Bruttoinlandsprodukt um 3 Prozent bis 4 Prozent zunahm. Diese Phase war 2001 vorbei, als das Wirtschaftswachstum von zuletzt 3,2 Prozent (2000) auf 1,7 Prozent (2001) sank und mit der Einführung des Euros auf 0,8 Prozent einbrach. Dieser Einbruch des Wirtschaftswachstums ist vor allem auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zum einen verloren durch die EU-Osterweiterung die portugiesischen Exportindustrien weiter an Bedeutung, da jetzt an der östlichen EU-Peripherie bei noch billigeren Löhnen produziert werden konnte. Zum Zweiten bedeutete die Euro-Einführung, dass Portugal auf die wirtschaftliche Stagnation nicht durch eine nationale Währungspolitik reagieren konnte, um etwa portugiesische Exporte durch eine schwache Währung zu verbilligen.
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Europäische Rahmenbedingungen gewerkschaftlicher Arbeitspolitik – zwölf Thesen

von Helmut Martens

Die Prognosen erheblicher Wahlgewinne europakritischer, rechtspopulistischer oder rechtsradikaler Parteien haben sich bestätigt. Sie haben etwa ein Fünftel der Sitze im EU-Parlament gewonnen – und zugleich liegt die Wahlbeteiligung trotz des Versuchs, durch Aufstellung von Spitzenkandidaten der „Parteienfamilien“ den demokratischen Charakter der Wahlen zu stärken, europaweit wieder nur bei 43 Prozent. Man kann sich schwer entscheiden, was man besorgniserregender finden soll. Die Sozialdemokratie hat hierzulande ihre deutlichen Zugewinne – die der AfD waren gleichwohl höher! – bejubelt, leidet aber in Südeuropa, und inzwischen auch in Frankreich darunter, dass sie im nationalstaatlichen Rahmen jeweils die via Brüssel forcierte Restaurationspolitik als Medizin gegen die sogenannte „Schuldenkrise“ bis zum bitteren Ende geschluckt bzw. (Frankreich) inzwischen selbst propagiert hat. Immerhin zeichnet sich ab, dass die Regierungen in Italien und Frankreich nun Korrekturen der strikten Restaurationspolitik fordern werden.
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Stichwort Wirtschaftspolitik: Das transatlantische Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA

von Arne Heise

Die aktuelle Zahl: 296,5

von Claudia Bogedan

Crossover: You can never be overdressed or overeducated – eine rot-grün-rote Perspektive in der Bildungspolitik

von Katja Dörner

Der Koalitionsvertrag der großen Koalition im Bereich der Bildungspolitik von der Kita bis hin zur Hochschule und dem lebensbegleitenden Lernen ist eine Enttäuschung. Die zu erwartenden Vorhaben bis 2017 bleiben weit hinter dem zurück, was uns nationale und internationale Studien, Expertengremien und auch das Programm der SPD zur Bundestagswahl 2013 ins Stammbuch schreiben. Es jedem Kind bzw. jedem Jugendlichen zu ermöglichen, seine Potentiale voll auszuschöpfen und gleichermaßen Deutschland so aufzustellen, wie es einer zukunftstauglichen Gesellschaft Not tut, die auf Ressourcen in den Köpfen statt in der Erde setzen muss (und darf) – so wird das nichts. Dies liegt meines Erachtens gleichermaßen an inhaltlichen Differenzen der Koalitionspartner wie an der mangelnden Bereitschaft, ausreichend finanzielle Mittel bereitzustellen, um notwendige Zukunftsinvestitionen zu gewährleisten. mehr

Crossover: Rezension: Wer mit wem im Crossover

von Robert von Olberg

Rezension: Neue Bücher zum Stand der Demokratie

von Thilo Scholle

Nachruf auf Thomas Sauer

von Felix Welti

DL 21 Aktuell

Forum Neue Politik der Arbeit: „Europäische Rahmenbedingungen gewerkschaftlicher Arbeitspolitik – Gute Arbeit in Europa?“ – ein Tagungsbericht

von Helmut Martens