Ausgabe: spw 177

Wachstum neu denken! - Was soll eigentlich wachsen?

Einleitung zum Heftschwerpunkt

Zuweilen lenken fundamentale Krisen den Blick auf Analysen historischer Umbruchphasen. Lange bevor der Begriff der Nachhaltigkeit Eingang in die politische Debatte fand, fragte eine Gruppe von Wissenschaftlern im Jahre 1972: „Soll man das Wachstum fortschreiten lassen, bis sich neue natürliche Grenzwerte zeigen, und hoffen, dass sich eine neue technologische

Möglichkeit zeigen wird, um das Wachstum fortzusetzen?“ Zentrale Modellannahmen und Vorschläge des Berichts über die „Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome mussten relativiert werden. Im Kern blieben jedoch die Fragen nach der Qualität des Wirtschaftswachstums

und der ökologischen und sozialen Verträglichkeit offen.

Mit der jüngsten Weltwirtschafts- und Finanzmarktkrise steht das im zu Ende gehenden Jahrzehnt dominante neoliberale Wachstumsversprechen sowohl politisch wie ökonomisch vor einem Scherbenhaufen. 


Artikel

Inhalt Heft 177

Wachstum neu denken! - Was soll eigentlich wachsen? Einleitung zum Schwerpunkt

von Kai Burmeister, Stefan Stache

Die begrenzte Aussagekraft des Bruttoinlandsprodukts als Indikator für die Wirtschaftsentwicklung oder gar für den Wohlstand ist seit langem bekannt. Darüber hinaus wird vermehrt die grundsätzliche Frage aufgeworfen, ob und in welchem Maße Wirtschaftswachstum noch ökologisch vertretbar ist oder – aufgrund der Alltagserfahrung von Massenarbeitslosigkeit und millionenfacher Prekarität – noch zu breitem Wohlstand führt.

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Das Grundgesetz wird an das "Jobcenter-Chaos" angepasst.

von Martin Behrsing

Mit der Änderung des Grundgesetzes, welche durch die Zustimmung der SPD möglich wird, werden Arbeitslose erster und zweiter Klasse nun verfassungsgemäß. Damit hat die SPD nun abermals einen anbiedernden Hofknicks vor Roland Koch und anderen Hardlinern in der Union vollführt.

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Die Arbeit geht weiter - Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie

von Daniel Friedrich

Der neue Tarifabschluss zur Beschäftigungssicherung schafft durch eine kostenreduzierte Kurzarbeit und eine Arbeitszeitabsenkung mit einem Teilentgeltausgleich die Möglichkeit einer Beschäftigungsbrücke. Selten wurde ein Abschluss der Metall- und Elektroindustrie so gelobt wie der diesjährige: „Ein Signal für zeitgemäße Tarifpartnerschaft“ (Handelsblatt), „Metaller zeigen Weitblick und Intelligenz“ (Financial Times Deutschland) oder „Gute Krisenmanager“ (Frankfurter Rundschau). mehr

Kinderarmut nachhaltig vermeiden - Unser Modell einer Kindergrundsicherung!

von Christiane Reckmann

Durch die Anrechnung von Kindergeld auf das Sozialgeld bei Hartz IV erhalten die ärmsten Kinder faktisch kein Kindergeld. Zugleich bekommen gut verdienende Familien mit dem Kinderfreibetrag rund 100 Euro mehr pro Kind und Monat als die breite Masse der Kindergeldbezieher. mehr

Überlegungen zum Konzept einer Kindergrundsicherung

von Christel Humme

Die Idee der Grundsicherung ist ein guter Beitrag, die Debatte über eine nachhaltige Armutsbekämpfung und zielgerichtete Förderung von Kindern anzufeuern.  Jedes Kind soll bis zum 27. Lebensjahr, wenn es noch in der Ausbildung ist, unabhängig vom Einkommen der Eltern 502 Euro (322 Euro für das sächliche Existenzminimum
plus 180 Euro für Bildung, Erziehung und Betreuung) erhalten.

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Armutsrisiko um mehr als ein Drittel angestiegen

von Markus M. Grabka

"Es ist davon auszugehen, dass ein weiterer Anstieg des Armutsrisikos bereits kurzfristig stattfindet, da in Folge der Wirtschaftskrise mehr als 1,5 Mio. ArbeitnehmerInnen Einkommenseinbußen aufgrund des Kurzarbeitergeldes erleiden mussten. Auch die Zahl der offiziell registrierten Arbeitslosen ist gegenüber dem Tiefstand Ende 2008 bereits um mehrere 100.000 angestiegen. Von Seiten der Politik sind zudem keine Signale erkennbar, die auf eine Umkehr hin zu einer gleichmäßigeren Einkommensverteilung hindeuten." mehr

Wachstumszwang aus Ungleichheit und Ungleichheit als Wachstumsbremse

von Simon Sturn, Till van Treek

Es erscheint widersinnig, mitten in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten die Frage nach der Notwendigkeit von Wachstum zu stellen:

Angesichts flächendeckend steigender Arbeitslosenzahlen erscheint nichtsdringlicher als eine baldige Rückkehr kräftiger Produktionszuwächse. Denn selbst in den reichen Industrieländern verschärft die Krise das Paradox der „Armut, mitten im Überfluss“, das schon John Maynard Keynes anlässlich der Großen Depression der 1930er Jahre beschrieben hatte. Zeitgleich steht die Menschheit vor großen Herausforderungen, deren Lösung durch immer weiteres Wirtschaftswachstum behindert werden könnte.

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Abschied von der Wachstumsideologie

von Tanja von Egan-Krieger, Barbara Muraca

Das BIP wird schon seit langer Zeit als Indikator für Wirtschaftswachstum kritisiert.
Zumal es in der Regel nicht nur als ein Indikator für Wirtschaftswachstum, sondern auch als Maßstab unseres Wohlstands verwendet wird. Um nur einige dieser Kritikpunkte zu nennen: Das BIP misst nur die Produktion für den Markt. Leistungen, die nicht auf dem Markt erbracht werden, wie z.B. ein Teil der Kindererziehung, bleiben daher unberücksichtigt. Doch nicht nur auf der „Einnahmeseite“ wird das BIP kritisiert, sondern auch bezüglich der unzureichenden bzw. falschen Berücksichtigung
von Kosten. So werden Schädigungen der natürlichen Umwelt nicht berücksichtigt,
sondern im Gegenteil, die Ausgaben für die Reparatur solcher Schäden noch positiv ins BIP eingerechnet. mehr

Geht "guter Kapitalismus"?

von Sebastian Dullien, Hansjörg Herr, Christian Kellermann

Der Weltwirtschaft ist das zum Verhängnis geworden, was in den vergangenen Jahren
als ihr zentraler Wachstumstreiber gehandelt wurde: die immer stärkere Verknüpfung der internationalen Kapitalmärkte und des internationalen Handels, befördert durch immer komplexere und gewinnträchtigere Finanzierungsinstrumente. In der Krise hat sich nun
herausgestellt, dass das globale Finanzsystem mitnichten die negativen Folgen des Platzens der Blase am US-Immobilienmarkt eingrenzen konnte, sondern vielmehr selbst als globaler Verstärker des wirtschaftlichen Einbruchs gewirkt hat.   mehr

Wachstum für Arbeit und Umwelt – Krisenbewältigung und industrieller Umbau

von Wolfgang Rhode

In 2009 ist die Wirtschaftsleistung um fünf Prozent zurückgegangen, einen solchen Wachstumseinbruch hat es in der Bundesrepublik noch nicht gegeben. Dies wird längst nicht von allen als Problem gewertet. Wachstum sei zum Fetisch geworden, diagnostiziert Meinhard Miegel und auch die Diskussion um die ökologischen Grenzen des Wachstums erfährt eine Neuauflage. Vermehrt ist von Null-Wachstum und sogar vom nötigen Schrumpfen die Rede. Unterstützung findet die Wachstumskritik vermeintlich auch mit dem Bericht der Kommission rund um Joseph Stiglitz, Amartya Sen und Jean-Paul Fitoussi, die sich mit der Weiterentwicklung statistischer Größen wie dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) auseinandersetzt und Wirtschaft, Lebensqualität und Nachhaltigkeit miteinander zu verknüpfen versucht. Richtig ist, vom BIP allein hängen gesellschaftlicher Wohlstand und sozialer Fortschritt nicht ab.

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Kinderspiel Kapitalismus: Deutsche Harmoniesucht

von Tom Strohschneider

Braucht Deutschland mehr „Streit, Krach und Kontroverse“? Ich weiß es nicht. Wir
konnten die Nachrichten zuerst kaum verstehen, weil sich die Nachbarn schreiend im Gebrauch von Wörtern übten, bei denen einem alles Mögliche einfällt, nur nicht „deutsche
Harmoniesucht“. Aber der Thilo Sarrazin, von dessen Wunsch nach Krach im Radio gesprochen wurde , wohnt sicher in einer ruhigeren Gegend in der Oberstadt und hat den besseren Überblick. mehr

Neue Wirtschaft – neuer Wohlstand?

von Cordula Drautz

Viele konservative und neoliberale Politiker und Ökonomen und daran
angeschlossene meinungsmachende Institutionen wie die Neue Soziale Marktwirtschaft. Meinhard Miegel, versuchen uns glaubhaft zu machen, es genüge, die „Gier“ der Manager zu geißeln und den Verfall der Werte zu beklagen, um zukünftigen Krisen vorzubeugen. Der gesamten „politischen Ökonomie“ der Klassiker um Adam Smith, John Stuart Mill und Thomas Robert Malthus lag die Vorstellung zu Grunde, dass Wirtschaft in die normative Ordnung der Gesellschaft eingebettet sein muss. Erst mit der Ablösung der politischen Ökonomie durch die neoklassische Wirtschaftstheorie erfolgte der Schritt zu einer „reinen“ Ökonomik, in der moralische Gesichtspunkte bewusst ausgeklammert werden.  mehr

Griechenland-Krise und Europäischer Währungsfonds

von Arne Heise

Ein Blick auf die Wirtschaftsentwicklung legt zunächst keine Erklärung nahe, weshalb fast schon hysterisch auf Griechenland reagiert wird: Das BIP-Wachstum in der Vor-Krisen-Zeit war – auch durch finanzielle Hilfe aus der EU vorangetrieben – überdurchschnittlich hoch, die internationale Finanzkrise hat das Land ebenfalls hart, aber weniger hart als viele EUPartnerländer getroffen.  mehr

New Left Review – Die intelligenteste linke Zeitschrift der Welt wird 50

von Christina Ujma

In den Siebzigern wären eigentlich die meisten deutschsprachigen Journale gern wie die New Left Review (NLR) geworden. Die Prokla, die damals noch Probleme des Klassenkampfs hieß, der Sozialismus, das Argument oder die SPW teilten Format und Anspruch des unabhängigen Marxismus mit dem berühmten englischen Schwesterjournal. mehr

Neue Leitbilder für die Partei: Empowerment – Organizing

von Michael Rüter

Ohne substanzielle Veränderungen in der Art und Weise des Handelns und Denkens unserer sozialdemokratischen Bewegung (= Partei, Vor und Umfeld), die konzentriert eingeleitet und umgesetzt werden müssen, wird die organisierte sozialdemokratische Idee den Einflussverlust und die Gestaltungsspielräume nur schwer zurückgewinnen.

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Weniger Kapitalismus wagen! – Die Auswüchse des modernen Finanzkapitalismus sind nicht gesellschaftsdienlich

von Timm Meike

Die Vorstellung vom Standortwettbewerb, bei dem Staaten und Regionen möglichst ideale Bedingungen herstellen müssen, um das „scheue Reh Kapital“ anzulocken oder zu halten, hat mit der komplexen Realität grenzüberschreitenden Wirtschaftshandelns wenig zu tun, was die argumentative Wirkungsmacht dieses Bildes in Talkshows leider nicht schmälert. Die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit einer Region kann nicht einfach an wenigen Faktoren wie den nominalen Steuerquoten bestimmt werden. 


 

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Rezension: Der neue Generationenvertrag

von Jörg Deml

Mit Der Neue Generationenvertrag setzen die Herausgeber die in den 90er Jahren im gleichen Verlag erschienenen Veröffentlichungen aus dem Bereich Sozialpolitik der IG METALL fort. Dabei konzentriert sich dieser Band ausschließlich auf den Bereich der Alterssicherung, die im Mittelpunkt der von der IGM durchgeführten Initiative Für einen Neuen Generationenvertrag in den Jahren 2008 und 2009 stand.

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Fünf Fragen an... Tanja Machalet

von Tanja Machalet

Tanja Machalet über ihre Bewerbung für den Landtag in Rheinland Pfalz in 2011 und mögliche Knackpunkte im Wahlkampf.

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