Ausgabe: spw 248

Was bedeutet Entspannungspolitik heute?

Einleitung zum Heftschwerpunkt

Es ist Krieg. Als dieses Heft geplant und die Artikel des vorliegenden Schwerpunkts „Was bedeutet Entspannungspolitik heute?“ geschrieben worden sind, hofften wir – wie wohl fast alle Leserinnen und Leser -, dass es nicht zu einer Ausweitung des schwelenden Konflikts in der Ukraine, nicht zu einem Krieg kommen würde. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Der Begriff „Entspannungspolitik“, der für die Vermeidung von Krieg steht, passt scheinbar nur bedingt in diese Lage. Ein Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist im Gang. Die Gefahr des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen, eines alles vernichtenden Weltkriegs, ist aktuell so hoch wie selten zuvor seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Eine Entspannung der Lage ist derzeit nicht in Sicht. 

Artikel

Inhalt Heft 248

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Einleitung zum Heftschwerpunkt

von Kai Burmeister Burmeister, Ute Finckh-Krämer, Sascha Howind, Dietmar Köster

Kurzum

von Claudia Walther

Es ist Krieg in der Ukraine.
Russland hat einen Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen. Dieser ist durch nichts zu rechtfertigen! Olaf Scholz dürfte sich breiter Zustimmung zu dieser Einschätzung sicher sein. Auch wir verurteilen das Angreifen Russlands aufs schärfste.  Mein dringlicher Wunsch ist es, endlich einen friedlichen Weg raus aus der Sackgasse zu finden! Rat suche ich bei Egon Bahr, dem „Architekten der Entspannungspolitik“, der wiederum Willy Brandt zitiert: „Es gibt nichts Wichtigeres als dies: einen dritten Weltkrieg verhindern zu helfen“ (1982) und fügt hinzu: „Auch dreißig Jahre später bleibt aktuell: Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts." mehr

Lehren und Leerstellen sozialer Politik in der Pandemie

von Joachim Rock

Dass die durch das Corona-Virus bewirkten und beschleunigten Krisensymptome den langen Abschied vom Neoliberalismus endgültig besiegen und ihre gemeinsame Bewältigung eine neue Solidarität, zumindest aber eine Stärkung des viel beschworenen sozialen Zusammenhalts begründen, zählte zu Beginn der Pandemie zu den Hoffnungen. Im Folgenden soll mit Blick auf die Krisenbewältigung anhand ausgewählter arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Leistungsbereiche untersucht werden, welche arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Lehren aus der Pandemie in der neuen Koalitionsvereinbarung berücksichtigt wurden und welche Leerstellen geblieben sind. mehr

Im Niemandsland. Plädoyer für humane und solidarische EU-Migrationspolitik

von Jessica Rosenthal

Tausende Menschen, zumeist aus dem Nahen Osten, befinden sich seit Monaten unter widrigen Umständen im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus. In der roten Zone. Im Niemandsland. Auch wenn dieses Thema gerade nicht im öffentlichen und medialen Bewusstsein präsent zu sein scheint, ist es umso wichtiger darüber zu sprechen, zu schreiben und hinzuschauen – denn die Situation ist immer noch besorgniserregend. Die Migrant*innen sind immer noch in den provisorischen Lagern untergebracht. Beim Versuch die Grenze nach Polen zu überqueren, sind Menschen im Wald umgekommen, erfroren. Die Zahlen schwanken.  mehr

Krisenprävention am Ende?

von Uta Zapf

Der augenblickliche Zustand der Welt sieht nicht nach einem Zeitalter des Friedens aus. Die erhoffte Friedensdividende nach dem Ende des Kalten Krieges ist aufgebraucht oder ausgeblieben, der Multilateralismus bröckelt, die Weltunordnung ist dramatisch greifbar. Spannungen und Krisen steigen weltweit, die regelbasierte Ordnung erodiert. Verträge und internationale Vereinbarungen werden ignoriert oder aufgekündigt, und es ist ein weltweites gefährliches Wettrüsten im Gange. Viele wichtige Abrüstungsverträge im konventionellen wie im nuklearen Bereich sind zerbrochen, der nukleare Nichtverbreitungsvertrag ist in Gefahr, während Corona viele Aktivitäten erstickt, die zur Lösung von Problemen nötig wären. mehr

Entspannungspolitik: als Konzept sozialdemokratischer Friedenspolitik heute noch aktuell!

von Ute Finckh-Krämer

Eine ganze Generation von SPD-Linken ist mit der Entspannungspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr aufgewachsen. Die meisten dieser Genossinnen und Genossen haben Anfang der 80er Jahre gegen die Stationierung von Pershing-II-Mittelstreckenraketen und landgestützten Cruise Missiles in Deutschland demonstriert. Sie protestierten 1999 gegen den völkerrechtswidrigen NATO-Angriff auf das damalige Jugoslawien (heute: Serbien, Mazedonien und Kosovo), und sie waren dabei, als am 15. Februar 2003 etwa 500.000 Menschen in Berlin gegen eine deutsche Beteiligung am ebenfalls völkerrechtswidrigen US-geführten Irakkrieg demonstrierten. Der berühmte Satz aus der Rede von Willy Brandt, die er anlässlich der Verleihung des Nobelpreises am 11. Dezember 1971 in Oslo hielt, war und ist für sie handlungsleitend: „Krieg ist nicht mehr die ultima ratio, sondern die ultima irratio.“ mehr

Afghanistan aufarbeiten – den Einsatz nachträglich legitimieren oder Entscheidungshilfen für die Zukunft liefern?

von Matthias Dembinski, Thorsten Gromes

Nach der Machtübernahme der Taliban kam der Ruf nach Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes auf, stärker denn je auch aus Bundestag und Bundesregierung. Das sich abzeichnende Profil der Evaluation und prominente Debattenbeiträge lassen aber befürchten, dass die geplanten Vorhaben weniger leisten werden als möglich. Eine auf deutsche Aktivitäten und Prozessoptimierung beschränkte Evaluation, die schon vorab einige Folgerungen als gegeben setzt und andere tabuisiert, wird nur begrenzt die politisch entscheidende Frage beantworten: Unter welchen Bedingungen und auf welche Weise soll sich Deutschland künftig an Interventionen beteiligen? mehr

Whose Security? Sicherheit für die Menschen!

von Cornelia Füllkrug-Weitzel

In den Nachkriegsjahren war das Friedensthema vom Systemkonflikt zwischen Ost und West und der damit einhergehenden Abschreckungsdoktrin geprägt. Die Dekolonisationskämpfe, die Entwicklungs- und Partizipationshoffnungen der sozialen, Befreiungs- und Bürgerrechtsbewegungen stellten darin ein Störpotential dar. Papst Paul VI hielt dagegen, Weltfrieden sei mehr als das Schweigen der Waffen und formulierte 1967 darum als entscheidende Friedensaufgabe, „die Entwicklung der armen Völker voran(zu)treiben, die soziale Gerechtigkeit zwischen den Nationen (zu) fördern“. Willy Brandt nahm diese Gedanken 1971auf: „Friede ist mehr als Abwesenheit von Krieg. Eine dauerhafte und gerechte Friedensordnung erfordert gleichwertige Entwicklungschancen für alle Völker“. mehr

Stichwort Wirtschaftspolitik: Inflation – ist das Gespenst zurück?

von Arne Heise

Die aktuelle Zahl: 417.000 wohnungslose Menschen in Deutschland in 2020

von Michael Reschke

Transformation der Industrie – sozial, ökologisch und demokratisch

von Lia Polotzek, Thomas Würdinger

Die Flutkatastrophe im letzten Sommer hat gezeigt, dass die Klimakrise schon heute Existenzen zerstört und ganze Landstriche verwüstet – auch in Deutschland. Europa hat im letzten Jahr den heißesten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebt. Weltweit nehmen als Folge der Klimakrise Katastrophen wie Dürren, Tornados, Waldbrände und Überflutungen rapide zu. In den Medien zwar weniger beachtet, dafür aber nicht weniger katastrophal ist das massive Artensterben, das die Lebensgrundlagen auf unserem Planeten bedroht. Viele wertvolle Ökosysteme stehen kurz vor dem Kollaps – mit schwerwiegenden Konsequenzen unter anderem für unsere Versorgung mit Nahrungsmitteln. mehr

„Es kommt darauf an die Welt zu verändern“ – Westlicher Sozialismus, Chinas Revolution und die Entwicklung zur Volksrepublik

von Rainer Feldbacher, Gu Shengrong, Shengda Guo

Dieser Beitrag befasst sich einerseits mit den Ideen des Marxismus sowie den Gründen dieser Entwicklung. Zu Beginn werden andere Revolutionen und deren Träger angeführt. Der zweite Teil bringt die Umsetzung dieser politisch-ökonomischen Idee am anderen Ende der Welt: Die Volksrepublik China feierte 2021 das hundertjährige Bestehen des Kommunismus. Nirgendwo sonst war diese Ideologie so erfolgreich, doch der eingeschlagene Weg war blutig. Entsprechend werden die Entwicklungen seit dem Sturz der letzten kaiserlichen Dynastie nähergebracht, der wie in vielen Staaten der Zwischenkriegszeit verschiedene Versuche neuer politischer Umsetzungen vorangingen und auch China immer wieder beeinflussten. Letztlich scheint China in diesen Zeiten der Krisen stärker da zu stehen und baut seinen Einfluss unter anderem im Zuge der Neuen Seidenstraße weiter aus. mehr

Verkehrswissenschaft zwischen Demokratie und Expertokratie. Das Beispiel der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen

von Oliver Schwedes

In Deutschland sehen sich die politischen Eliten einerseits mit dem Vorwurf konfrontiert, die Interessen der Bürger:innen nicht mehr zu vertreten („Wir sind das Volk“, „Lügenpresse“ etc.). Zum anderen wird den Politiker:innen mit Blick auf die fehlende Zukunftsgestaltung, insbesondere von Teilen der jungen Generation, fehlende Kompetenz vorgeworfen und gefordert, der Wissenschaft zu folgen („Klimawandel“ etc.). Damit zeichnen sich Konfliktlinien zwischen den Bürger:innen, der politischen Klasse und (wissenschaftlichen) Expert:innen ab, die für demokratische Gesellschaften keinesfalls ungewöhnlich sind, vielmehr sind sie demokratischen Verhältnissen wesentlich eingeschrieben. Insofern wäre es falsch, darin nur kurzatmige Phänomene zu sehen und sich darauf zu verlassen, dass den Wutbürger:innen bald die Luft ausgeht und die junge Generation aus ihrem Protest erwachsen wird.  mehr

Rezension: Es braucht Missionen! Den Kapitalismus neu denken

von Ernst Dieter Rossmann

Sammelrezension: Demokratische Regression, Ungewissheit und Soziale Bewegungen

von Thomas Mättig

Sammelrezension: Bücher zu Vergangenheit und Gegenwart der Mitbestimmung

von Thilo Scholle

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Zeitenwende Putins Angriffskrieg

von Helmut Martens

Der von Wladimir Putin befohlene Angriffskrieg auf die Ukraine, 77 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder ein Landkrieg mitten in Europa, bedeutet eine Zeitenwende. Der Umstand, dass Viele, nicht zuletzt in der politischen Linken hierzulande, Putins Angriffskrieg noch bis zum 21. Februar für ganz und gar undenkbar gehalten hätten, zwingt dazu, grundlegend neu nach-zudenken – und zugleich überschlagen sich die Ereignisse geradezu. mehr