Corona-Krise
Wie sind die wirtschaftspolitischen- und sozialpolitischen Krisenreaktionen einzuschätzen? Welche bereits bestehenden Krisen werden virulent? Inwiefern verändern oder verfestigen sich kapitalistische Pfade weltweit, in Europa und in Deutschland? Wie müssen soziale Infrastrukturen und Leistungen insbesondere für Menschen gestützt und ausgeweitet werden, die aufgrund ihrer sozialen Lage besonders auf sie angewiesen sind? Nicht zuletzt geht es auch um die Möglichkeiten einer nachhaltigeren Handelspolitik, einer solidarischen und an Menschenrechten orientierten Flüchtlingspolitik sowie einer global gerechten Verteilung von Impfstoffen und Medikamenten unter den Bedingungen einer globalen Gesundheitskrise. Wir beleuchten ökologische, ökonomische, wohlfahrtsstaatliche, soziale und menschenrechtliche Aspekte der Pandemie. Zugleich stellen wir die Frage, ob sich das politische Feld für solidarische Logiken und Politiken eher öffnet oder schließt.
von Klaus Dörre
Interview mit dem Arbeits- und Wirtschaftssoziologen Prof. Dr. Klaus Dörre über Corona und die Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft
Nach dem Ende der Corona-Krise wird die Krisensituation nicht
vorbei sein, ist sich Prof. Dr. Klaus Dörre sicher. Der Professor für
Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie der Universität Jena geht
davon aus, dass die Welt, auch die Arbeitswelt, nach Corona eine andere
sein wird. Es werden viele Herausforderungen zu meistern sein, die
globale Änderungen verlangen. An der Corona-Krise ist nichts gut, sagt
er, und wünscht sich Klartext und Handeln statt Floskeln. Dennoch sieht
er auch einige wenige positive Auswirkungen – und viel, viel Arbeit für
die Zukunft.
Quelle: Interview Axel Burchardt für die Universität Jena
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von Bernard Braun
Dies ist kein verspäteter Einstieg in eine regelmäßige Berichterstattung
über Studien etc. zum neuen Sars-CoV-2 oder Covid-19, kein
vollständiger Überblick über die Entwicklung der letzten Wochen und
Monate und auch kein vollständiger Überblick über künftig einfach und
unaufwändig zu nutzenden qualitativ hochwertigen Informationsquellen.
Stattdessen soll dieser Beitrag einige Aspekte der so genannten
"Coronakrise" als etwas euphemistischer Oberbegriff für eine Fülle von
gesundheitlichen, ökonomischen, sozialen und kommunikativen Krisen
aufgreifen und darstellen, was daraus für die künftige
Gesundheitspolitik und möglicherweise vergleichbare oder gar schlimmere
Krisensituationen folgt.
Erstveröffentlichung auf forum-gesundheitspolitik.de
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von Arno Brandt, Uwe Kremer, Thilo Scholle, Stefan Stache
von Arne Heise
„Unser Land steht vor einer ernsten Situation“ – mit diesen Worten leitete Finanzminister Olaf Scholz seine Überlegungen zu den Vorkehrungen ein, die die Bundesregierung mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise getroffen hat. Dies dürfte milde untertrieben sein. So, wie die medizinische Eindämmung einer Pandemie, für die noch keine Heilungspläne vorliegen, unbekanntes Territorium bedeutet, ist auch die wirtschafts- und finanzpolitische Bekämpfung einer gleichzeitigen Angebots- und Nachfragekrise in Zeiten von Nullzinsen und einem fragilen Finanzsystem absolutes Neuland: Die Ölpreiskrisen der 1970er Jahre waren eindeutig angebotsseitig zu verorten und trafen auf ein stabiles Finanzsystem sowie auf handlungsfähige und -willige wirtschaftspolitische Akteure.
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von Dierk Hirschel
Ein Virus verändert die Republik. Zwischen Kiel und München stand das öffentliche Leben wochenlang still. Schulen, Universitäten, Kitas, Museen und Theater waren geschlossen. Gleiches galt für Restaurants, Kneipen, Hotels und Einzelhandelsgeschäfte. Reisen ins Ausland waren nicht mehr möglich und die Bewegungsfreiheit im Inland wurde stark eingeschränkt. All diese Maßnahmen zielten darauf ab, die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Coronavirus zu verlangsamen. Dadurch sollte verhindert werden, dass unser Gesundheitssystem überfordert wird. Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen sollten geschützt werden. Mit Erfolg! Die Zahl der Infizierten wächst nur noch schwach.
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von Carsten Sieling
Das „Gesetz über einen allgemeinen Lastenausgleich“ bezeichnete Erich Ollenhauer zu Beginn der dreitägigen Schlussberatung des Bundestages im Mai 1952 als „die Bewährungsprobe der neuen deutschen Demokratie“. Im Kern ging es um eine Entschädigung, die besonders betroffenen Bevölkerungsteilen für Kriegsschäden gezahlt wurde. Die Finanzierung erfolgte durch Erhebung einer Ausgleichsabgabe von denjenigen, denen hinreichendes Vermögen, insbesondere in Form von Immobilien, verblieben war. In Folge dieser Umverteilung mittels Vermögensabgabe kam es nicht etwa zu einem Einbruch der westdeutschen Wirtschaft, sondern zu Jahren mit enormen Wachstumsraten.
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von Klaus Dörre
Die Welt ist im Ausnahmezustand. Ursache ist Covid-19 – eine Krankheit, für die es noch keine Therapie gibt. Das Virus Sars-CoV-2 wirkt antisozial. Einziger Schutz ist Social Distancing. Hält man Abstand und bleibt zuhause, bedeutet das radikale Entgesellschaftung, ja Entgemeinschaftung menschlichen Lebens. Jede andere Person kann Viren übertragen. Deshalb muss digitalisierte Kommunikation einstweilen ersetzen, was sonst Direktkontakte zwischen Menschen leisten. Steckt in der Corona-Krise dennoch eine Chance? Manch öffentlich geführte Debatte legt das nahe. „Jetzt oder nie: Der Corona-Schock birgt die Chance auf eine bessere Welt“, titelt beispielsweise der Spiegel.
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von Joachim Rock
Die Covid-19-Pandemie stellt den Sozialstaat in Deutschland vor neue und in ihrer Reichweite längst noch nicht absehbare Herausforderungen. Politik und Verwaltung müssen in kürzester Zeit und bei komplexen Problemlagen sofortige Unterstützung bieten. Dabei wird Herausragendes geleistet. Und dennoch: die Politik der Krise droht, bereits bestehende Disparitäten nicht nur fortzuschreiben, sondern sie noch zu vergrößern.
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von Felix Welti
Gesundheitspolitik und -recht werden durch einschneidende Ereignisse wie Seuchen auf den Prüfstand gestellt und in der weiteren Entwicklung geprägt. Beispiele sind die Typhus- und Cholera-Epidemien des 19. Jahrhunderts und ihr Einfluss auf die Entwicklung von Prävention und Gesundheitswesen.
Rudolf Virchow erforschte um 1848 die Ursachen des Hungertyphus in Schlesien und im Spessart und begründete die Medizin als soziale Wissenschaft. An der Bewältigung der letzten großen Cholera-Epidemie in Hamburg 1892 war wesentlich die in den betroffenen Arbeitervierteln handlungsfähige SPD beteiligt, die bis dahin von jeder Beteiligung an den öffentlichen Angelegenheiten ausgeschlossen war.
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von Hilde Mattheis
Als 2010 der damalige luxemburgische Premierminister und Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker eine „stärkere wirtschaftspolitische Koordination“ und „Eurobonds“ vorschlug, sollte es durch die gemeinsamen europäischen Anleihen wirtschaftlich schwächeren und gefährdeten Ländern ermöglicht werden, billiger an Geld zu kommen, um damit ihre Wirtschaft anzukurbeln. Doch schon damals kam aus Deutschland umgehend ein Veto.
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von Dietmar Köster
Die Abschottungspolitik der EU gegenüber Menschen, die vor (Bürger-)Kriegen, politischer und ethnischer Verfolgung oder vor Not und Elend fliehen, ist schon lange unmenschlich: Flüchtlinge ertrinken im Mittelmeer, verdursten in der Wüste der Sahelzone, werden in Lagern in Libyen vergewaltigt, misshandelt, erpresst, versklavt und zur Handelsware herabgewürdigt. Und schaffen sie es, nach vielen traumatisierenden Erfahrungen Europa zu erreichen, werden sie in Lager gezwungen, die menschenunwürdig und katastrophal sind. Um den Schutz der Menschenrechte ist es schlecht bestellt.
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von Katie Baldschun
Das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz, IfSG) ist neunzehn Jahre alt. Es löste das seit Anfang der 1960er Jahre geltende Bundes-Seuchengesetz ab. Beide Regelwerke enthielten bzw. enthalten eine Norm, die die zuständige Behörde zur Anordnung von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten ermächtigt. Die Datenbank juris listet überschaubare einundzwanzig Treffer zu Entscheidungen auf, die eine der beiden Normen zitieren – bis März 2020. Seither sind 72 weitere hinzugekommen, ein weiteres Wachstum auch dieser Zahlen ist zu erwarten. Rechtliche Fragen zum Umgang mit der Corona-Krise sind also nahezu ohne zeitliche Verzögerung in der Rechtsprechung angekommen.
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von Stefan Stache
„Die meisten Menschen werden nach der Corona-Krise erstmal ärmer sein“, so Winfried Kretschmann auf die Frage, wer die Kosten der Krise bezahle. Denn die Hilfsgelder müssten wieder eingespart werden und fielen „nicht vom Himmel“. Die Selbstverständlichkeit, mit der bereits jetzt Opfer zugunsten fiskalischer Ordnungspolitik erwartet werden, relativiert Hoffnungen, durch die Zwänge der Krise seien die Entstaatlichung und der Neoliberalismus erledigt.
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von Uwe Kremer, Thilo Scholle, Stefan Stache
von Hilde Mattheis, Tobias Pforte-von Randow
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind extrem. Wenn wir nicht einen nachhaltigen Weg aus dieser Krise finden, droht international und national eine massive Verschärfung der Ungleichheit und der Konflikte. Mit den Worten des ehemaligen UN-Generalssekretärs Ban Ki-moon gesprochen: „Wir sind die erste Generation, die die Armut beenden kann, und die letzte, die den Klimawandel begrenzen kann.“ Corona zwingt zum Neustart. Corona ist die Chance zum Neustart.
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von Arno Brandt, Torsten Windels
Nach allem was wir wissen, hatte die Corona-Epidemie im Jahr 2019 in der chinesischen Stadt Wuhan ihren Ursprung. Diese Pandemie sowie die sehr unterschiedlichen gesundheitlichen Folgen stehen nicht jenseits der gesellschaftlichen Verhältnisse, sondern sind selbst Ausdruck menschlichen Handels und damit menschengemachter Entwicklungen. Die Corona-Krise ist historisch bedingt, weil sie auf Voraussetzungen beruht, die insbesondere in den letzten Jahrzehnten geschaffen wurden. Vor allem die durch den Raubbau an der Natur rückläufige Diversität hat die Wahrscheinlichkeit lebensbedrohlicher Rekombinationen erhöht. Da die Menschen Teil der Natur sind, hängen die Gesundheit unserer Ökosysteme und die Gesundheit der Menschen voneinander ab: Mit zunehmender Zerstörung der Biodiversität steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Viren überspringen.
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von Marc Saxer
Markiert die Coronakrise einen Epochenbruch? Die Bundeskanzlerin spricht von der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg. Ökonomen ziehen Parallelen zur Großen Depression. Optimisten feiern das Heraufdämmern eines neuen Zeitalters. Andere mahnen, es mit Euphorie oder Panikmache nicht zu übertreiben. Auch in der Finanzkrise 2008 wurde vorschnell das Ende des Neoliberalismus ausgerufen, doch das letzte Jahrzehnt brachte die Radikalisierung der bestehenden Ordnung.
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von Björn Hacker
Seit den Anfängen der europäischen Integration versteht sich der Staatenverbund primär als wirtschaftliches Projekt zur Ausweitung und Vertiefung des Marktes. Binnenmarkt, Freizügigkeit und Währungsunion sind die großen Integrationsprojekte, deren ökonomische Vorteile auf der Hand liegen. Die Regulierung des Marktes, die Beschränkung des Wettbewerbsprinzips und die Entwicklung gemeinsamer Politiken sind dagegen Ausnahmeerscheinungen geblieben. Macht nun die Corona-Krise die EU zu einem politischen Projekt mit einer alternativen Reformagenda?
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von Michaela Evans, Denise Becka, Christopher Schmidt
In der COVID-19-Pandemie ist der Begriff „Systemrelevanz“ erneut in den Mittelpunkt der politischen, öffentlichen und medialen Aufmerksamkeit gerückt. „Systemrelevanz“ adressiert die sozioökonomische Schlüsselrolle eines Wirtschaftszweigs, Unternehmens oder Berufs in der Gesellschaft. Auch diverse Berufe des Gesundheits- und Pflegesektors wurden im Zuge der Pandemie als systemrelevant eingestuft. Einerseits ist dies erfreulich, wird damit doch angezeigt, wie notwendig ressourcenstarke und leistungsfähige Dienste in diesem Feld zur Bewältigung gesundheitsbezogener Krisen und Risiken sind. Andererseits ist es zugleich irritierend und stimmt nachdenklich, dass es diese Krise brauchte, um den Wert des Gesundheits- und Pflegesektors über die Semantik der „Systemrelevanz“ wieder verstärkt in das Bewusstsein zu rücken. Ist damit nun endlich klargestellt, dass Gesundheits- und Pflegearbeit für unsere Gesellschaft und Wirtschaft unverzichtbar ist?
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von Cornelia Heintze
In Europa bieten die meisten Gesundheitssysteme umfassenden Schutz. Die in Westeuropa universalistischen Systeme unterteilen sich in zwei Grundtypen: Auf der einen Seite stehen steuerfinanzierte staatliche Systeme, bei denen die Finanzierung und die Leistungserbringung überwiegend öffentlich erfolgt; auf der anderen Seite beitragsfinanzierte Systeme, bei denen die Finanzierung auf Pflichtversicherungssystemen basiert (öffentliche und/oder private Kassen) und die Leistungserbringung über gemischte Trägerschaften erfolgt. Entstanden ist diese Zweiteilung nach der Zäsur, die der Zweite Weltkrieg mit sich brachte.
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von Frank Werneke
Die Corona-Pandemie hat unser gewohntes Leben und Arbeiten dramatisch verändert. In dieser Krise zeigt sich einmal mehr, wie wichtig Gewerkschaften sind. Ver.di setzte sich dafür ein, Einkommen zu sichern und Entlassungen zu verhindern. Um das Virus einzudämmen, brachten die Bundes- und die Landesregierung das öffentliche und wirtschaftliche Leben zum weitgehenden Stillstand. Dieser „Shutdown“ wird nun schrittweise aufgehoben. Doch das Virus ist weder verschwunden noch gibt es einen Impfstoff, weswegen Rückschläge nicht ausgeschlossen sind.
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von Marc Bovenschulte
Die Corona-Krise war und ist die Stunde der Exekutive und tatsächlich ist es auch mit Abstand weniger Monate noch bemerkenswert, wie entschlossen aber auch vermittelnd der Regierungsapparat mit gleichsam freier Hand in Zeiten der zahlreichen Herausforderungen für Gesellschaft und Wirtschaft agiert. Die Regierung hat in Anbetracht ihrer eigenen Handlungsfähigkeit gleichsam einen „China-Moment“ in der ad hoc-Phase der Pandemie (zu Anfang noch mehr Gesundheits- als Wirtschaftskrise) erlebt. Mit Blick auf die Frage nach dem „Danach“ wird jedoch klar, dass die Stabilisierungsrolle der Exekutive enden muss, wenn auch aus anderem Grund, als von Corona-Leugnern und Verschwörungstheoretikern propagiert: Die jetzt aus gutem Grund getroffenen (Rettungs-) Maßnahmen wie Kurzarbeitergeld sind zum Großteil von der Zielsetzung geprägt, möglichst nahtlos an die vor-Corona-Zeit anknüpfen zu können, als ob Gesellschaft und Wirtschaft aus einem gemeinsamen Winterschlaf erwachen müssten.
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von Benedict Lang
Viel wurde bereits gesagt und geschrieben über die Corona-Krise. Oft wurde dabei auch der Zusammenhang zur Digitalisierung hergestellt. Zweifelsfrei konnten wir in unserem persönlichen Umfeld erleben, wie viele Teile des Alltagslebens plötzlich digital abgebildet wurden. Das belegt auch die Steigerung des Daten-Aufkommens, der beispielsweise am 10. März allein für Videokonferenzen am Internetknoten DE-CIX in Frankfurt um mehr als 120 Prozent angewachsen war.
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von Nelly Grotefendt
Seit gut einem Jahr hält uns die Covid-19-Pandemie auf Trab und hat dabei ermöglicht, was selbst in vorherigen Krisen – von der Finanz- bis hin zur Klimakrise – nicht geschah: Sie hat der breiten Öffentlichkeit und politischen Entscheidungsträger*innen die wechselseitigen Abhängigkeiten und Schwachstellen einer global-vernetzten Wirtschaft vor Augen geführt. Plötzlich wurde auf großer öffentlicher Bühne sichtbar, wie fragil selbst die Versorgung mit elementaren Bestandteilen medizinischer Schutzausrüstung wie Handschuhen ist, wenn Lieferengpässe aufkommen oder Preise steigen. Wie ein Brennglas befeuerte die Pandemie zugleich sozioökonomische Ungleichheiten: die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen zwischen und innerhalb von Ländern und den ungleichen Zugang zu Ressourcen, sowie lebenswichtigen Strukturen wie Gesundheitssystem oder Nahrungsmittelversorgung.
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von Andreas Wulf
„Niemand ist sicher vor COVID-19, bevor nicht alle davor sicher sind. Selbst wer das Virus in seinen eigenen nationalen Grenzen besiegt, bleibt Gefangener dieser Grenzen, solange es nicht überall besiegt ist.“ So dramatisch beschrieb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Herausforderung der Pandemie zum Auftakt des World Health Summit in Berlin Ende Oktober 2020: Die Befreiung vom Virus bedarf eines globalen solidarischen Handelns.
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von Joachim Rock
Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Wie die Covid-19-Pandemie selbst, waren auch die wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitspolitischen Maßnahmen zur Vermeidung und Verminderung ihrer Folgen präzedenzlos. Alle beteiligten Akteure waren gezwungen, weitreichende Maßnahmen umzusetzen, unter hohem Druck und gleichzeitig unter Bedingungen maximaler Unsicherheit über die Folgen des eigenen Tuns. Annähernd ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie lassen sich weder ihre wirtschaftlichen noch ihre sozialen Kosten auch nur näherungsweise abschätzen.
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von Dierk Hirschel
In der Pandemie lebt der Staat auf Pump. Rettungsschirme, Überbrückungshilfen, Konjunkturpakete, steigende Sozialausgaben und hohe Steuerausfälle belasten die Kreditkarte der Kassenwarte mit mindestens 340 Milliarden Euro. Der heimische Schuldenberg wächst auf über 2,2 Billionen Euro. Ein Grund zur Panik ist das nicht. Berlin kann problemlos mit höheren Schulden leben. Die Schuldenquote – der Anteil der Staatsschulden am Sozialprodukt – liegt bei international niedrigen 71 Prozent. Davon können Washington (130 Prozent) oder Tokio (266 Prozent) nur träumen
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von Christoph Butterwegge
Eine allgemein verbindliche Konvention, was unter einem „Sozialstaat“ zu verstehen ist, gibt es genausowenig wie eine schlüssige Definition des Begriffs „soziale Ungleichheit“, die – ökonomisch bedingt und struktureller Art – von der natürlichen, biologisch geprägten Ungleichheit zwischen Menschen bzw. Menschengruppen unterschieden werden muss. Hier bezeichnet der zuerst genannte Terminus eine Entwicklungsstufe moderner Industriegesellschaften, auf welcher der Staatsapparat neben seiner „klassischen“ Ordnungs- und Repressionsfunktion eine wirtschaftspolitische Interventionsfunktion übernimmt und nicht mehr nur (extreme) Armut bekämpft, sondern auch die allgemeinen Lebensrisiken seiner Bürger/innen (Krankheit, Invalidität, Arbeitslosigkeit, Unterversorgung im Alter usw.) absichert und für einen gewissen sozialen Ausgleich zwischen den unterschiedlich situierten Bevölkerungsschichten sorgt.
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von Steffen Jähn
Die Corona-Pandemie stellt weltweit noch immer Regierungen und Gesellschaften vor enorme Herausforderungen. Offen ist dabei, welche der teils sehr massiven Auswirkungen der Krise die sozialen Verhältnisse in den kommenden Jahren weiterhin prägen werden. Auf der Ebene von Städten und Quartieren werden soziale Auswirkungen der Krise besonders deutlich. Allerdings gibt es dort wichtige Impulse für die Bewältigung der Krise und ihrer Folgen.
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von Cornelia Heintze
In ihrem Sondermemorandum „Solidaritätspakt zur Krisenbewältigung“ ist die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik Ende April 2020 auch auf die Herausforderungen eingegangen, die die Pandemie für das deutsche Gesundheitssystem bereithält. Zum damaligen Zeitpunkt stand ein eklatanter Mangel an Schutzausrüstungen und Schutzmaterialien sowie an fehlendem Personal in den Gesundheitsämtern im Vordergrund. Zu konstatieren war eine schlechte Vorbereitung. Zwei Betrachtungsebenen sind zu unterscheiden. Die erste Betrachtungsebene betrifft den Ursprung des Virus. WissenschaftlerInnen weisen schon länger darauf hin, dass wir an der Schwelle zu einem Zeitalter der Pandemien stehen, wo die Folgen der Klimakrise und die Folgen des Verlustes von Biodiversität wechselseitig ineinandergreifen.
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